Donnerstag, 26. Juni 2014

Background: Zwei Cents für Michael Jackson

Natürlich bin ich als Rock-Fan überhaupt kein Fan von ihm und konnte auch den Hype noch nie verstehen. Sicher hat er sich von Quincy Jones ein paar nette Pop-Soul-Schlager produzieren lassen und sicherlich war die Choreographie seiner Videos und Live-Shows hervorragend und meinetwegen auch innovativ. Immerhin, das ständige Sich-in-den-Schritt-fassen und den "Moonwalk" hat er oder sein Choreograph erfunden (wobei ich nie kapiert habe, was letzterer mit der Fortbewegung auf unserem Erdtrabanten zu tun hatte). Jedoch sind mir diese Las-Vegas-mäßigen, zutiefst amerikanischen Präsentationsformen von Popularmusik immer schon ein Gräuel gewesen und haben mich überwiegend nur den Kopf schütteln lassen - nicht im Rhythmus versteht sich.

Was ich aber noch viel weniger verstehe, ist das Zeugs über sein Privatleben, über das sich die Boulevardmedien so genüßlich ausgebreitet haben, dass jetzt jeder meint, er wüßte, wie es bei Michael zuhause, in der Familie, und auf der Neverland-Ranch so abgegangen ist. Dabei werden immer nur dieselben endlos ausgewalzten Klischees vom prügelnden Vater, dem Affen, dem Baby über dem Geländer, den Nasen-OPs und den Beruhigungsmitteln ausgebreitet, immer begleitet von der üblichen, hoffnungslos naiven Küchenpsychologie.
Die so gewonnenen "Erkenntnisse" werden dann unreflektiert zu Fakten erklärt und ebenso verbreitet, dabei sollte jeder halbwegs aufgeklärte Mensch mit einem Minimum an Medienkompetenz wissen, dass ein Großteil der dort publizierten "Informationen" reine Fiktion sind. Das ist die eigentliche Tragik des Michael Jackson.

Mittwoch, 25. Juni 2014

STEVE HARLEY & COCKNEY REBEL - The Best Years of our Lives (1975/2014)


Dieses Album wird zwar erst im nächsten Jahr 40, die 4-Disc-Deluxe-Edition gibt es jedoch jetzt schon:
Best Years of Our Lives (Definitive Edition),the: Amazon.de: Musik


Abb.: Parlophone/Warner Music
Viele halten es für das beste Steve Harley-Album, ich finde die beiden unter "Cockney Rebel" (ohne Harleys Namen) laufenden Vorläufer-Alben "The Human Menagerie" und "The Psychomodo" mindestens gleichwertig, wenn nicht sogar noch einen Tick besser. Allerdings enthält "The Best Years Of Our Lives" immerhin seinen einzigen Nummer-1-Hit Make me smile (come up and see me), sowie mit Mr Raffles eine weitere erfolgreiche Single.

Harley hatte mich damals schon wegen seiner Skurrilität und seines etwas absurden Humors fasziniert. Wenn ich auch als 13jähriger nicht verstand, worum es in Mr Soft (vom "Psychomodo"-Album) ging, war es klar, dass das ein großer Spaß war. Make me smile halte ich auch heute noch für einen perfekten Popsong. "Best Years" enthält aber noch weitere Perlen, wie etwa das leicht wahnsinnige Mad man moonlight oder das etwas quälend-klagende It wasn't me. Hier gibt es einfach keinen Ausfall - das Album ist von der ersten bis zur letzten Sekunde spannend und wenn man es zum ersten Mal hört, weiß man nie was als nächstes kommt. Dabei bliebt es jederzeit eingängig und anhörbar, Harley zügelt hier seine Gesangseskapaden etwas, was dem Sound auch guttut (für den übrigens kein geringerer als Alan Parsons verantwortlich war). Klanglich erscheint diese Neuausgabe gegenüber der EMI-CD-Erstveröffentlichung von 1994 deutlich verbessert.

Abb.: Parlophone/Warner Music
Die Deluxe-Edition beinhaltet neben dem remasterten Originalalbum auch das komplette Konzert aus dem Hammersmith Odeon von 1975 auf 2 CDs plus 1 DVD - letztere enthält nur Ausschnitte des Konzerts - bei YouTube gibt es mehr davon, womöglich auch auf einigen Bootlegs. Sowas ist immer schade, denn ein offizielles Release sollte solch obskure Quellen eigentlich obsolet machen. Grundsätzlich weiß ich jedoch nicht, ob ich das Konzert überhaupt in dieser Breite benötigt hätte, denn "Face to face" (von 1977) ist als Livealbum unerreicht und das Hammersmith-Konzert, von dem bisher nur Sebastian und Mad man moonlight auf Single-B-Seiten veröffentlicht waren, erscheint über weite Strecken doch etwas schludrig performt gewesen zu sein.

Das Neuerscheinen dieses Albums hat bei mir ein kleines Steve Harley-Revival ausgelöst - höre derzeit fast nichts anderes und habe jetzt auch noch einige Alben-Lücken in meiner Sammlung gesichtet - und gleich geschlossen.


Wer sich stattdessen lieber die beiden ersten Cockney Rebel - Alben anhören möchte, dem sei diese Box empfohlen:

Cavaliers-An Anthology 1973-1974
Cavaliers-An Anthology 1973-1974: Amazon.de: Musik

Abb.: Parlophone/Warner Music
Diese hübsche 4CD-Box beinhaltet die Alben "The Human Menagerie" und "The Psychomodo" inklusive erstmals aller zugehörigen 7"-Releases (B-Seiten etc.) plus eine exklusive CD mit absolut hörenswerten Frühversionen des Debuts (technisch hochwertige Demoaufnahmen) plus ein paar Outtakes des zweiten Albums. CD 4 enthält drei BBC-Sessions von 1974, von denen einige ebenfalls unveröffentlicht waren. Das alles mit informativem Booklet und zu einem Preis von unter 20 Euro.
Einen kleinen Wermutstropfen gibt es jedoch: in den EMI-CD-Ausgaben von 1992 klingen beide Alben einen kleinen Tick besser, weil offenbar sauberer überspielt und mit mehr Headroom gemastert.

Samstag, 21. Juni 2014

GENESIS - Inside and Out (Song, 1977)

Dieser relativ unbekannte Genesis-Song (Erstveröffentlichung 1977 auf der 7"-EP "Spot the Pigeon") steht bekannteren Klassikern wie Cinema Show oder One for the Vine in nichts nach. Einem ruhigen, akustisch gehaltenen Anfang folgt ein schöner Refrain mit mehrstimmigem Gesang und perfekten Drum-Rolls bei der Wiederholung, untermalt mit einer großartigen Basslinie. Das Arrangement steigert sich stetig, um dann zur Hälfte der Laufzeit in ein furioses Uptempo-Instrumental zu münden, in dem buchstäblich alle Register gezogen werden. Es gibt tolle Solos von Keyboard und Leadgitarre, garniert mit einfallsreichen Arpeggios und tiefen Bass-Drones. Was will man mehr? - Wenn wir damals gewusst hätten, dass wir so etwas schon beim nächsten Genesis-Album schmerzhaft vermissen würden...

Dass Inside and Out nicht auf dem W&W-Album gelandet ist, hatte sicherlich keine qualitativen Gründe - auch bandintern galt der Song mindestens als gleichwertig gegenüber den Albumtracks, ansonsten hätte er sicher nicht All in a mouses's night von der Setlist der Wind & Wuthering-Tour 1977 verdrängen können. Ich vermute, ausschlaggebend war neben der Länge des Songs letztlich die Ähnlichkeit des ersten Teils mit Your own special way. Beide Songs gingen nicht, also hatte man sich einfach für den kürzeren entschieden.


Quelle: Wikipedia
Dass dieser Song im Übrigen keine beliebige Single-B-Seite war - auch nicht in der Wertschätzung der Band - kann man daran erkennen, dass er eben nicht auf einer Single-B-Seite landete, sondern auf einer exklusiven EP! Die beiden anderen enthaltenen Songs Match of the day wie auch Pigeons kamen sicherlich nicht für das Album infrage; beide waren schon eher Outtakes im eigentlichen Sinn. Jedoch wurde für Match of the day immerhin sogar ein Video gedreht und einen Top-of-the-pops-Auftritt bei der BBC hatten sie auch damit. Erst ein paar Jahrzehnte später fingen sie an, sich offenbar für den Text zu schämen, weshalb der Song - sehr zum Ärger der Fans - nicht im zweiten "Archive"-Box-Set enthalten war. Auch Pigeons war ein durchaus interessanter Song; ein kleines musikalisches Experiment, bei dem sie sich die besondere Mühe gegeben hatten, einen Ton die ganze Laufzeit über stehen zu lassen und darunter alle möglichen Akkorde, die diesen Ton beinhalteten, zu variieren. Der Text war eher ein Leichtgewicht - es ging um Taubenscheiße auf dem Dach des Außenministeriums -  wurde aber immerhin für den Titel der EP genutzt: "Spot the Pigeon" - übrigens ein Wortspiel mit "Spot the ball" - einem damals in UK sehr beliebten Zeitungsrätsel, bei dem der Ball aus einem Foto mit einer Fußballszene herausretuschiert wurde und der Leser seine Position dann anhand der Bewegungen oder Blickrichtungen der abgebildeten Personen erraten musste.

Dazu muss man wissen, dass sich EPs (Abk. für "Extended Play") seit den 1950er Jahren besonders in UK zu einem eigenen Kunstformat entwickelt hatten. Es handelte sich um eine äußerlich normale 7"-Schallplatte, wie sie für Singles verwendet wurde, jedoch mit mehr als nur zwei Stücken, die ähnlich wie bei einer Langspielplatte mit einem vergrößerten Rillenabstand sichtbar auseinander gehalten wurden. Um die gegenüber einer normalen Single verlängerte Spieldauer zu ermöglichen, wurden EPs mit geringerer Rillenauslenkung (= Lautstärke) oder mit 33,3 statt 45 U/min geschnitten. In der Regel hatten EPs einen eigenen Titel, der wie ein Albumtitel oft nicht identisch mit dem Titel eines der vorhandenen Songs war. EPs hatten zudem im sofort erkennbaren Unterschied zu normalen Singles immer auch ein Picture Cover - normale 7"-Singles hatten in den UK bis weit in die 1970er Jahre hinein nur eine neutrale Hülle mit dem Logo der Plattenfirma und einem Kreisausschnitt für das Label!

Anfangs stellten EPs meist Kompilationen aus früher erschienenen Singles dar oder beinhalteten Songs einer parallel erscheinenden LP. Die Beatles brachten jedoch mit "Long Tall Sally" 1964 erstmals eine EP mit vier (für den UK-Markt) neuen Songs heraus und es waren auch die Fab Four, die das Format mit der 1967 erschienenen Doppel-E.P. "Magical Mystery Tour" mit sechs neuen Songs, Foldout-Cover und eingeheftetem Fotobuch zum Höhepunkt führten. Daher war eine EP -zumindest in UK- immer etwas Besonderes.

Nebenbei bemerkt war "Spot the Pigeon" keinesfalls die erste Genesis-EP, denn bereits 1972 gab es eine "Nursery Cryme"-EP mit drei Tracks (wenn auch nur als Promo) und eine weitere EP mit vier Tracks vom "The Lamb lies down on Broadway"-Album erschien 1975 in Brasilien.

Samstag, 7. Juni 2014

SUSANNA HOFFS - Susanna Hoffs (1996)

Abb.: Wikipedia
Suzies zweites Soloalbum, nach dem missglückten Erstling, mit dem Kapital aus dem Bangles-Hit Eternal Flame geschlagen werden sollte, wofür sie die künstlerische Kontrolle jedoch aus der Hand geben musste. Das Album "When you're a boy" verkaufte sich nur mäßig, weshalb Columbia sie fallen ließ. So dauerte es fünf lange Jahre bis zum zweiten Album, bei dem sie jedoch alles richtig machte. An fast jedem Song hat sie einen Songwriting-Credit und der Sound ist weit entfernt von glattgebügeltem Mainstream. Mit illustren Gastmusikern, darunter Jim Keltner, Bill Bottrell, Kevin Gilbert und Mick Fleetwood lässt sie es zeitweise ordentlich scheppern und krachen, geradliniger Rock mit Folk-Elementen. Es gibt keinen einzigen Ausfall, die Single-Auskopplung All I want ist besser als das Original von The Lightning Seeds, und die Eigenkompositionen Beekeeper's Blues und vor allem Enormous Wings bestechen durch starke Harmonien und interessante Arrangements. Leider kam das Album dann doch ein paar Jahre zu spät und verkaufte sich nicht. Schade, aber mit mehr Erfolg hätte es die Bangles-Reunion drei Jahre später vielleicht nicht gegeben...