Montag, 27. Juni 2016
MICHAEL ROTHER: Flammende Herzen (1977) / Sterntaler (1978) / Katzenmusik (1979)
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Drei der Lieblingsalben meiner Adoleszenz - Michael Rother wurde seinerzeit gern mal als der deutsche Mike Oldfield gehandelt; das war aber, wie jeder schnell bemerken dürfte, ziemlicher Unsinn. Rother hat hier recht konsequent die anhörbaren Stil-Elemente seines legendären Duos NEU! mit radiotauglichen Melodiebögen, vielfach variiert mit einer ganzen Armada unterschiedlich klingender Gitarren, feinen Sequencer-Tupfern, die entfernt an seine Zugehörigkeit zu den frühen Kraftwerk erinnern, und ruhigen, aber stets inspirierten Ambient-Flächen aus seiner Harmonia-Phase verknüpft. Dazu vermitteln Can-Drummer Jaki Liebezeit mit seinen wenig variierten, aber dafür hochpräzisen 4/4teln und Conny Plancks wie immer großartige Produktion eine Leichtigkeit, wie sie in deutscher Rockmusik nur selten zu vernehmen war.
Die ersten zwei Alben sind mit je knapp 35 min und fünf, bzw. sechs Titeln erfreulich kurz und klingen, obwohl ein Jahr zwischen ihnen liegt, wie aus einer einzigen Aufnahmesession entstanden. "Flammende Herzen" (1977) hat vielleicht die etwas größeren musikalischen Ideen, dafür klingt "Sterntaler" (1978) in sich etwas geschlossener. Das Konzept hat in dieser Form leider nur diese beiden Alben überstanden - mit seinem dritten Album "Katzenmusik" (1979) wagte er - bei in etwa gleichbleibendem Sound - einen eher suiten-artigen Ansatz, bei dem die Einzeltitel aus durchnummerierten Variationen einiger weniger Grundthemen bestanden. Obwohl die eine Hälfte der elaborierteren Stücke mittels kürzerer, atmosphärischer Linking-Stücke verbunden waren, fällt das Album etwas stärker auseinander - wohl weil die Gesamt-Ideendichte bei etwas verlängerter Laufzeit (knapp 40 min) nicht mehr ganz so hoch war (so ist Katzenmusik 8 identisch mit Katzenmusik 7, nur rückwärts abgespielt - ein Trick, den er und Klaus Dinger schon bei "NEU!2" mangels Masse einsetzen mussten).
Sein viertes Album "Fernwärme" (1982) hatte sich nach der längeren Pause vom Gitarren-dominierten Sound entfernt und driftete dann schon deutlich stärker in die belanglosere Ambient-Richtung ab, die er später gänzlich einschlug. Rothers weitere Karriere habe ich dann nur noch am Rande verfolgt. Seine ersten drei Alben stehen jedoch heute noch für das, was an deutscher Rockmusik einmal auch international respektabel war - und offenbar auch heute noch im Ausland mehr geschätzt wird als im Inland. Jedenfalls ist Michael Rother in der englischen Wikipedia weit ausführlicher vertreten als in der deutschen. Und während letztere nur das Album "Flammende Herzen" in einem eigenen Artikel beleuchtet, findet sich der Rest seines Backkatalogs nur in der englischen Wikipedia in dieser Weise ausgebreitet.
Leider sind die 2000 erschienenen Remaster-CDs technisch und inhaltlich recht fragwürdig. Vernehmbares Bandrauschen stört in den leisen Passagen und die Bonustracks sind allesamt völlig unpassende Aufnahmen von 1999/2000, die mit dem Konzept der ursprünglichen Alben weder kompositorisch noch soundmäßig zu tun haben. Ich habe mich daher bis heute standhaft geweigert, diese CDs käuflich zu erwerben. Mittlerweile gibt es sie kostenlos für Prime-Kunden bei Amazon Music.
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