Freitag, 23. August 2019

Spielereien mit Stems

Bekanntlich kann man sich u.a. von dieser Seite https://remixpacks.ru/ haufenweise und kostenlos sogenannte Stems von Songs aller möglichen Genres runterladen.

Stems sind quasi Subgruppen-Mixe von normalen Stereoabmischungen, also keine Einzelspuren von Multichannel-Tapes, sondern Sub-Mixe einzelner oder mehrerer Instrumentengruppen. Diese ergeben idealerweise, bei gleichem Pegel zusammengemischt, wieder den gewohnten Stereomix.

Die meisten der dort angebotenen Stems sind Rips von Spielen wie "Rock Band" oder "Guitar Hero" etc. und haben unterschiedliche Qualität. Bei erstgenannten scheint es sich um FLAC-Dateien mit 44,1 kHz und mindestens 16 Bit zu handeln, also normale CD-Qualität. Es gibt aber auch viele Stems im datenreduzierten Format Ogg Vorbis. Interessant ist, dass Songs, die als Normalversion eine Ausblende haben, hier oft länger laufen und einen richtigen Schluss besitzen. Auf einer Spur befindet sich auch ein Einzähler. Die Stems-Pakete von "Jammit" haben zusätzlich zu den "normalen" Stems auch verschiedene Versionen des Songs jeweils ohne Bass, ohne Gitarren, ohne Drums und ohne Vocals, die zum Jammen ganz hervorragend geeignet sind, je nachdem, welches Instrument man spielt.

Nun ist es schon allein absolut faszinierend, in einzelne Spuren von bekannten Songs isoliert reinzuhören, aber die Idee, die Songs gleich neu abzumischen, liegt natürlich auf der Hand.


Ich hatte gleich entdeckt, dass es auf der oben genannten Seite sämtliche Songs des ersten (legendären) Album von THE CARS (in der "Rock Band"-Version) gibt und habe den folgenden Abend mit einem unterhaltsamen 5.1-Remix am Pro Tools verbracht. Das CARS-Album hat pro Song sieben Stems, je einen für Vocals, Snare, Kick, Guitar, Cymbals, Bass und Backing, alle in Stereo bis auf den Bass.

Auf dem "Cymbals"-Stem ist das komplette Drumset außer Kick und Snare drauf, die gibt's ja extra. "Backing" ist eher eine Wundertüte, denn da finden sich außer den Keyboards auch Backing Vocals, zusätzliche Gitarren und Effekte. Diese Spur kommt also nach hinten auf Ls und Rs. Die Vocals müssen ja irgendwie in den Center, was aber bei einer Stereospur bedeuten würde, dass sie dann mono wäre - schlecht für die Backing Vocals, die auch da enthalten sind. Also das DTS Neural Upmix-Plugin eingeschleift, das den Stereo-Stem nach 5.1 konvertiert. Jetzt kommt der Hall der Vocals auch hinten an und der Leadgesang ist da, wo er hingehört: im Center-Kanal. Das Plugin hab ich gleich auch beim "Cymbal"-Stem eingesetzt, was die Drums über die ganze Fläche schön räumlich verteilt. Die Gitarren kommen etwas nach "vorn", also fast auf der Hälfte zwischen L/R und Ls/Rs. Bass in den Center und Anteile von Kick und Bass noch auf den LFE. Alle Pegel auf 0, fertig. Klingt schon toll so. Beinahe jedenfalls.
Einiges Finetuning kommt noch auf mich zu, weil die Backing Vocals auf dem "Backing" Stem manchmal deutlich leiser sind als die auf dem "Vocals"-Stem. Offenbar war da ein Limiter am Werk, der die Vocals abgesenkt hat, denn ich kann die Spur nicht komplett lauter machen, weil dann die Keyboards zu laut wären...

Jedenfalls lässt sich so also mit relativ geringem Aufwand eine 5.1-Mischung basteln, der man nicht anhören kann, dass die Möglichkeiten hier eingeschränkt waren.

Das CARS-Album klingt im neuen 5.1-Mix großartig, die Stems sind absolut sauber produziert. Im direkten Vergleich fällt die Stereofassung (der Deluxe-Edition von 1999) doch ziemlich platt und dünn aus. Klar, die dritte Dimension fehlt hier, aber offenbar auch die Power. Toll auch, dass die drei Songs, die im Original ausgeblendet sind, hier ausgespielt werden, was im Fall von My best friend's girl zwar nur sechs weitere Sekunden bringt, darin jedoch ein richtiger Schluss gespielt wird. Gut 25 zusätzliche Sekunden bekommt man immerhin bei Don't cha stop und All mixed up, während der synthetische Wind im Intro von Moving in Stereo (das jetzt eigentlich "Moving in Surround" heißen müsste) locker doppelt so lang ist. Was leider aber auch das Problem mitbringt, dass auf demselben Stem eine Hi-Hat vier Einzähl-Schläge spielt, bevor die Gitarre einsetzt. Klar, die Kinder mit ihren albernen Fake-Instrumenten sollen ja eine Chance auf einen korrekten Einsatz bekommen. Diese Schläge wieder rauszubasteln war jedenfalls eine längere Aktion - die sich aber gelohnt hat.

Das nächste Album steht schon an, und da bleibe ich mal gleich in Boston, der Heimatstadt der Cars: "BOSTON" von BOSTON (1978). Es fehlt leider der letzte Song des Albums "Let me take you home tonight" (auch der einzige Song, der nicht von Mastermind Tom Scholz geschrieben ist), dafür sind von allen anderen Songs gleich je zwei Versionen ("Rock Band" und "Jammit") mit unterschiedlich bestückten Stems vorhanden. Dazu kommen noch die erwähnten Playbacks von "Jammit". Mal sehen, wie sich das gescheit nutzen lässt...

Freitag, 9. August 2019

Für die Freunde des gepflegten Rundumklangs... (10)

Hallo zusammen,

nach dem Ansturm vom letzten November gab es erstmal eine ziemliche Flaute, was die Surround-Releases angeht, so scheint es zumindest. Jetzt sind immerhin ein paar Sachen angekündigt, so dass sich jetzt vielleicht eine neue Ausgabe dieses Newsletters lohnt.
Am 27. September erscheint "Abbey Road" (dass dies das letzte "richtige" Studioalbum der Beatles war, muss wohl nicht erwähnt werden), wie die beiden letzten Boxen wieder pünktlich zum 50. Jubiläum. Angekündigt ist es in fünf unterschiedlichen Formaten, für uns ist nur die 3CD/1BD "Super Deluxe Edition" interessant, denn nur die enthält den neuen 5.1-Surroundmix, zusätzlich gibt es jedoch erstmals auch einen Dolby Atmos Mix (und natürlich auch einen neuen Stereomix – tatsächlich ist der alte Stereomix nicht enthalten). Die beiden Extra-CDs enthalten wieder Demos und Outtakes, wobei es wie beim "White Album" auch hier wieder kaum Überschneidungen mit Anthology 3 gibt – die beiden einzigen dort schon erschienenen Stücke sind Paul McCartneys Demo von Come and get it für die erste Single der Apple-Band "Badfinger", sowie George Harrisons Demo von Something, das hier aber nicht mehr in mono, sondern in einem schönen neuen Stereomix erstrahlt.
Something ist auch so etwas wie die Single-vorab-Auskopplung des Albums – die es jetzt bei Spotify und wahrscheinlich auch bei anderen Streamingdiensten gibt - hab ich mir gestern gleich dreimal hintereinander angehört (und zwischendurch immer wieder mit dem Originalmix verglichen). Unglaublich, was Giles Martin da rausgeholt hat!
Gleich am Anfang kommt schon das Drumfill deutlich voluminöser, dann fällt sofort auf, dass der Bass nicht mehr rechts sondern in der Mitte steht. Drums, Orgel und Vocals scheinen hier deutlich präsenter zu sein. Aber dann setzen die Streicher ein und sie sind in Stereo, nicht mehr in Mono - und viel dynamischer als vorher. Das allein ist traumhaft. - Im direkten Vergleich klingt der neue Mix lebendig und aufregend - der alte dagegen flach, ohne Dynamik und langweilig.
Sooo super-limited scheinen die Beatles-Boxen übrigens nicht zu sein – das "White Album" gibt es immer noch und der Preis ist inzwischen unter 100 Euro im vernüftigen Bereich angekommen.


Jethro Tulls 1979er Album "Stormwatch" erscheint am 11. Oktober im beliebten Buchformat ihrer bisherigen Anniversary-Rereleases (ausgenommen "Benefit", das ja im schnöden Digipak daherkam). Wieder und dem Vernehmen nach zum letzten Mal neu abgemischt von Steven Wilson – die Tull-Alben danach scheinen ihn nicht mehr zu interessieren. Finde ich witzig, denn mir geht es genauso. Ob es daran lag, dass Anderson und Barre alle anderen Begleitmusiker erstmal in die Wüste geschickt hatten und nach zwei Jahren Pause mit neuen Leuten stilistisch eher verschlungene Pfade einschlugen, man weiß es nicht.
Inzwischen sind die wichtigsten früheren Alben in diesem Format vergriffen (die Reihe läuft ja schon seit mehreren Jahren) und erzielen astronomische Preise auf dem Gebrauchtmarkt. 
"Stormwatch" hat diesmal sogar sechs Discs (4CD/2DVD), die gefüllt sind mit 15 sogenannten "Associate Recordings" (Outtakes und B-Seiten, darunter auch Broadford Bazaar, das es mal als Bonustrack von "Heavy Horses" gab, aber in der Buch-Box des Albums fehlte). Sieben davon sind unveröffentlicht. Auf zwei CDs gibt es das komplette Konzert "Live in the Netherlands (March 16, 1980)", ebenfalls unveröffentlicht. Die DVDs haben neben dem eigentlichen Album mit drei Tonspuren (5.1-Mix, 1979 und 2019 Stereomix) immerhin 13 von 15 "Associate Recordings" ebenfalls in 5.1 und Stereo neu abgemischt.
Ein schöner Abschluss der Reihe. Nun bitte auch "Benefit" in diesem Format – macht sich bisher bei mir im Regal nicht so gut (siehe Bildmitte):
Amazon-Link

Im letzten Newsletter hatte ich auf Be-Bop Deluxe hingewiesen, deren vielleicht bekanntestes Album "Sunburst Finish" als 3CD/1DVD-Boxset erschienen war, nun ist im gleichen Format und gleicher Ausstattung (Schuber mit Buch und vielen Beigaben, ca. 25 x 25 cm) auch das Vorläufer-Album "Futurama" erschienen. Inzwischen habe ich mir beide Boxen besorgt – die Aufmachung ist toll und lässt keine Wünsche übrig, der Sound (neuer Stereo und 5.1-Mix) ist gelungen und eine hörbare Verbesserung gegenüber dem alten Mix.
Amazon-Link  - ich habe aber direkt bei der Plattenfirma Cherry Red bestellt. 51,49 Pfund incl. Shipping ist immer noch billiger als die 70 Euro, die Amazon und andere hierzulande dafür haben wollen:
Cherry Red-Link



Für Soundtrack-Freunde: Howard Shore ist Filmkomponist und hat u.a. den Soundtrack zu Peter Jacksons "Lord of the Rings" komponiert. Das im April erschienene 4-Disc-Boxset gab es schon mal in 2005, damals jedoch mit einer DVD-Audio (und lang vergriffen). Jetzt mit Blu-ray anstelle.
Das ist Teil 1: "Fellowship of the Ring". In gleichem Format sind natürlich auch die Soundtracks der beiden anderen Teile erschienen.



Steven Wilson hat einiges Material aus dem 16CD/2BD-Boxset von Tangerine Dream "In Search Of Hades – The Virgin Recordings 1972-1979" neu abgemischt in Stereo und 5.1 – nicht allzu viel leider, denn es waren kaum noch Mehrspurtapes aus der Zeit vorhanden. So konnte er letztlich nur zwei Stücke von "Phaedra" und das live aufgenommene "Ricochet" neu abmischen. Bei den Ausgrabungen fanden sich aber noch die Multitracks eines nie erschienenen Soundtracks zu "Oedipus Tyrannus", aufgenommen im Juli 1974 – auch das ist auf der Blu-ray in 5.1 mit drauf.
Enthält neben den Alben: "Phaedra", "Rubycon", "Ricochet", "Stratosfear", "Encore", "Cyclone" und "Force Majeure" (diese sind in den neuen Versionen auch einzeln erhältlich) auch noch jede Menge CDs mit Outtakes und Live-Mitschnitten. Die Verpackung soll aber ein wenig enttäuschend sein, erstaunlich für diesen Preis.

Viel Spaß und liebe Grüße
tom