Bei mir gings mit
Co-co los, da war ich gerade mal 10. Der Song lief eine
Weile lang im Radio rauf und runter und gefiel mir sehr, vor allem das wiederholte "aha-ha" in den Strophen. Was ich vom Refrain mit seinem "Huutschikackahoh" halten sollte, wusste ich damals noch nicht. Dass es schon die zweite
RCA-Single von Sweet war, hatte ich nicht mitbekommen, geschweige denn,
dass es davor schon ein paar erfolg- und bedeutungslose Versuche auf
anderen Labels gab. Aber ab da war ich Fan und sammelte alles was ich in
die Finger bekam. Parallel dazu war natürlich auch der Output ihrer
Glamrock-Zeitgenossen T.Rex, Slade, Mud, Suzi Quatro, Alice Cooper, Mott
The Hoople, Wizzard etc. hochinteressant, aber richtig Fan war ich nur
von The Sweet (wie sie anfangs noch hießen).
Anfangs sammelte ich nur die Singles; was ich nicht direkt beim
Erscheinen gekauft hatte, wurde nachbestellt oder unter Freunden
getauscht. So kam ich u.a. zu einer Promo von
Alexander Graham Bell, erkennbar am weißen Label.
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"Sweet Fanny Adams" - das beste Sweet-Album aller Zeiten! (Abb.: Wikipedia) |
Die erste RCA-LP
"Funny how sweet Co-co can be" hatte ich ausgelassen,
weil es praktisch nur ein Sampler aus bereits erschienenen Singles plus
ein paar Coverversionen wie
Tom-Tom Turnaround war. Interessant
war erst das 1974er Album
"Sweet Fanny Adams", das gänzlich ohne
Single-Tracks daherkam und das, wie auch schon die im Vorjahr
erschienenen Singles
Blockbuster, Hell Raiser und
Ballroom Blitz
eine hochwillkommene Abkehr vom Bubblegum-Sound der ersten Jahre und
eine Hinwendung zum immer populärer werdenen "Hard-Rock" bedeutete. Für
mich damals eine Offenbarung. Erst später habe ich festgestellt, dass
einige Riffs und Intros kräftig bei Deep Purple geklaut waren.
"Desolation Boulevard" ein Jahr später bedeutete dann schon das Ende der
Partnerschaft mit Nicky Chinn und Mike Chapman, die ausnahmslos bis
dahin sämtliche Hits geschrieben hatten. Mit
Fox on the run, der
ersten von Sweet selbst geschriebenen Single, konnte man zunächst an die
Chinn/Chapman-Erfolge anknüpfen, aber danach ging es bergab auf der
Erfolgsleiter - auch in meiner Sammlung.
Action war meine letzte
Sweet-Single und das zugehörige Album
"Give us a wink" hatte ich dann
schon nicht mehr gekauft. Stattdessen hatte ich mich bereits der
nächsten Chinn/Chapman-Band, "Smokey" zugewandt, die dann später unter
dem Namen "Smokie" ein paar größere Hits hatte.
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Abb.: Amazon |
Sweet hatte ich lange nicht gehört, bis ich Anfang der 1990er Jahre über
einen ausgezeichneten Sampler (
"The Collection") des Labels Castle
Communications stolperte, der sämtliche Tracks des legendären "Sweet
Fanny Adams"-Albums (damals noch nicht auf CD erschienen) plus alle wichtigen Singles ab 1974 beinhaltete,
also die Bubblegum-Anfangsphase außen vor ließ. Da hatte ich erstmals
realisiert, dass Sweet tatsächlich eine richtig geile Rockband waren!
Natürlich habe ich inzwischen alle Alben der 2005er Remaster-Serie von
RCA nachgekauft, die im übrigen alle Non-Album-Singles plus weitere
Bonustracks enthalten - "Sweet Fanny Adams" sticht nach wie vor heraus,
gehören doch die oben erwähnten drei Singles nun mit mit zum Paket. Das
letzte Album mit Brian Connolly als Sänger,
"Level Headed" mit dem
letzten Hit
Love is like oxygen konnte ich mir in einer
inzwischen vergiffenen Version von Repertoire besorgen, die die beiden
Singles einschließlich der Non-Album-B-Seiten zusätzlich enthält (die
Neuausgabe von 2005 hat nur die Singleversion von
Oxygen als
Bonus). Auch dieses Album ist etwas Besonderes, denn Sweet gehen da zum
Teil ganz neue, fast schon progressive Wege. An manchen Stellen könnte
man glauben, hier ein Album des Alan Parsons Project zu hören, wüsste
man es nicht besser. Leider wurde Connolly danach wegen seiner
Suchtprobleme gefeuert und die drei späteren Alben ohne ihn sowie die
folgenden Lineup-Inkarnationen haben mich nie interessiert.
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Andy Scott, 2006 (Wikipedia)
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1992 erschien dann ein neues Studioalbum, davon hatte ich keine Notiz
genommen. Ohnehin war von der Hit-Besetzung der 1970er nur noch
Gitarrist Andy Scott dabei. Ich hatte vor ein paar Wochen erst
angefangen, als Tontechniker für einen Radiosender zu arbeiten und war
im Studio mit dem Schnitt eines aktuellen Wortbeitrags beschäftigt, als
plötzlich einige Mitarbeiter unserer Jugendwelle aufgeregt
hereingestürmt kamen. Sie müssten jetzt dringend einen kurzen "Aufsager"
machen, der müsse sofort auf den Sender. Sie hatten einen etwas
mitgenommen aussehenden, langhaarigen und ziemlich übergewichtigen
älteren Herrn im Schlepptau, den ich zunächst nicht beachtet hatte, bis
sie ihn ans Mikro setzten und der dann, nachdem ich den Regler
aufgezogen hatte, die folgenden, bedeutsamen Worte sprach:
"Hi, this is Andy Scott from Sweet and this is our new single!".
Da wäre ich ja fast tot umgefallen vor Ehrfurcht. Als ich ihnen das Tape
in die Hand drückte, kam Andy nach vorn zu mir als Mischpult, gab mir
die Hand, bedankte und verabschiedete sich, sehr britisch-höflich. Dann
war er mit seiner Entourage so schnell wieder draußen, wie sie gekommen
waren. Seitdem kann ich stolz behaupten, eine Recording-Session mit dem
legendären Andy Scott gemacht zu haben.