Das ist eine neue Erfindung, natürlich aus Japan, bei der der übliche Polycarbonatträger der CD gegen ein neues Material (ebenfalls Polycarbonat, aber viel besser!) ausgetauscht wurde, das einige Vorteile besitzen soll. Es ist angeblich transparenter und soll in der Fertigung Pressfehler minimieren, so dass es in der Summe dadurch zu weniger Lesefehlern kommen soll.
Das liest sich ja erstmal gar nicht schlecht und fast schon so, als hätten die Experten den Schwachpunkt der guten alten CD ausgemacht. "Lesefehler" - da hat jeder die Assoziation von Spratzern, Klicks und springenden CDs, die in Endlosschleife einen millisekundenlangen Schnipsel repetieren, bevor der Player dann endgültig die Wiedergabe abbricht. Kennen wir alle, vor allem von Selbstgebrannten.
Die Lesefehler, die bei SHM-CDs möglicherweise geringer werden, sind jedoch die, die bei CDs ohnehin ständig vorkommen - die aber, und das ist der Witz, keinerlei Konsequenzen haben geschweige denn Störungen verursachen, denn das Digitalsignal mit seinen endlosen Einsen und Nullen hat genug Reserven, um verloren gegangene Bits absolut fehlerfrei und perfekt zu rekonstruieren.
Diese Fehlerkorrektur ist eine Grundfunktion eines Digital-Analog-Wandlers, jener Baustein, der in jedem CD-Player dafür sorgt, dass aus den Zahlen wieder hörbare Musik wird. Von Anfang an haben die Entwickler des CD-Formats eine bestimmte Zahl an möglichen Lesefehlern pro Zeiteinheit einkalkuliert, daher werden den Zahlenkolonnen Prüfsummen und weitere zusätzliche Daten mitgegeben, die die Fehlerkorrektur in die Lage versetzen, die ausgefallenen Bits einfach neu zu errechnen. Und da es sich dabei um Mathematik handelt, ist das Ergebnis nicht nur ungefähr so, wie es ursprünglich war, sondern stimmt bis aufs kleinste Bit überein. Mehrere hundert Fehler pro Sekunde kann ein CD-Player so locker wegstecken. Das ist auch der Grund, warum CDs, DVDs und Blu-Rays nicht in Cartridges verpackt sind wie seinerzeit die MiniDisc. Es ist einfach bei normaler Behandling nicht notwendig. Die üblichen Staubfusseln stören die Wiedergabe nicht im Geringsten.
Erst im Grenzbereich, d.h. wenn eine CD stark verkratzt oder verschmutzt ist, können irreparable Fehler entstehen, die unter Umständen und je nach Abspielgerät auch hörbar sind (starke Verzerrungen, Sprünge, kurze Wiederholungen, Hängenbleiben, Aussetzer oder Stummschalten der Wiedergabe).
Daher kann das verbesserte Polycarbonat der SHM-CD keinen klanglichen Unterschied bieten!
Von SHM profitiert zuallererst die Industrie, da das Verfahren offenbar weniger Ausschuss durch Pressfehler erzeugt - angeblich fließt das Material besser beim Pressvorgang und schmiegt sich so noch besser an die "Mutter"-Matritze an.
Allerdings können ältere CD-Player, deren Laserdiode kurz vor dem Ende der Lebensdauer steht, von SHM ebenfalls profitieren. Oder Nutzer, die ihre CDs regelmäßig auch als Bierdeckel, Wurfgeschosse oder Fingerabdruckspeicher verwenden.
Es geht jedoch noch toller: Der allerneuste Schrei der Highend-Esoteriker ist die Platinum-SHM-CD. Da wird die üblicherweise verwendete Aluminiumbeschichtung gegen eine 20mal so teure aus Platin getauscht. Dadurch wird der Klang natürlich noch edler, ist ja klar...?
Nee, Spaß beiseite: Aluminium -mit dem üblicherweise CDs beschichtet werden- wird in der Astronomie für die Verspiegelung von Teleskopen eingesetzt - das sagt eigentlich schon alles. Silber wäre eigentlich die noch bessere Wahl, denn es hat die besten Reflexionswerte, leider oxydiert Silber recht schnell, daher ist es für Teleskopspiegel unbrauchbar. Dennoch wird es für CD-Rs und CD-RWs eingesetzt, da es die Verluste durch den Brenn-Farbstoff etwas kompensiert (die Oxydation hat man hier gut im Griff, solange die CD-Rs auf der Labelseite vollflächig bedruckt sind).
Der Hersteller von Platinum SHM-CDs weist nun extra darauf hin, dass die CDs nur auf Playern laufen, die CD-R kompatibel sind. Daraus lässt sich zweifellos schließen, dass die Reflexionseigenschaften der Platinbeschichtung schlechter sind als die üblichen Silber- und Aluminiumbeschichtungen.
Da kann man wieder schön sehen, wohin der Highend-Wahn führt - der Vorteil der optisch verbesserten Trägerschicht durch das neue Polycarbonat wird durch die Wahl eines weniger gut reflektierenden Beschichtungsmetalls absichtlich wieder herabgesetzt, weil sich die CDs mit dem Aufdruck "Platinum" besser und teurer verkaufen lassen. Und weil die High-End-Esoteriker ja mal wieder was zum Bejubeln brauchen. Dieser Artikel fand sich in der Zeitschrift STEREO: Story: SHM-CD - darin macht der Autor sich zunächst Mühe, zwei bitidentische Exemplare einer CD zu finden und vergleicht die "normale" CD-Ausgabe dann mit der SHM-CD. Mit verblüffendem Resultat:
"Wie also hören sich Fairport Convention auf SHM-CD an? Auf der Laufwerk/Wandler-Kombi TL1N/DA1N von C.E.C. klingt die SHM-Version tatsächlich in den oberen Lagen entspannter, weniger glasig, beschwingter, gelöster und dreidimensionaler. Die Normal-CD wirkt dagegen wie eingeschnürt: kompakter und belegter. Diese Unterschiede sind deutlich reproduzierbar..."Wie kann es zu solch einem herrlichen Fehlurteil kommen? Die Lasereinheit am Ende? Die Bierdeckel-Theorie scheidet wohl aus und dass der Autor von den Grundlagen der Digitaltechnik nichts versteht, ist ebenfalls nicht zu vermuten. Bleibt der Eindruck, dass hier ganz bewusst Esoterik-Bullshit geschrieben wurde, um das Leservolk weiterhin zu desinformieren - was die High-End-Presse ja nun schon seit Jahren versucht, seit ihre Anzeigenkunden mit der Einführung der Digitaltechnik das Problem bekommen haben, dass guter Klang auch mit wenig Geld (=wenig Umsatz) zu bekommen ist.
Die SHM-CD ist also nur ein weiterer Versuch der Industrie (und ihrer angeschlossenen Printmedien), die CD schlecht zu reden und damit die Musikliebhaber zu verleiten, mehr Geld für dieselbe Qualität auszugeben.