Montag, 24. Juni 2019

ALAN PARSONS LIVE PROJECT - Live in Düsseldorf, Mitsubishi Electric Halle, 19.6.2019

Vielleicht sollte ich vorausschicken, dass ich 1976 ein großer Fan des "Tales of Mystery and Imagination - Edgar Allan Poe"-Albums war. Das legendäre Debütalbum des Alan Parsons Projects hatte ich auszugsweise im Radio gehört und war nicht nur von der Musik begeistert, sondern auch von dem hochwertigen Albumcover der legendären Designagentur Hipgnosis und dem eingehefteten Booklet mit den Texten und den unheimlichen Fotos von Storm Thorgerson, Aubrey Powell und Peter Christopherson, die die Songs hervorragend illustrierten. Mich faszinierte das Konzept des Albums so sehr, dass ich mir Gesamtausgaben von Poes Werken zuerst im Original und dann (weil ich kaum etwas verstanden hatte) auch in der deutschen Übersetzung von Arno Schmidt und Hans Wollschläger besorgte. Faszinierend fand ich auch, dass Namensgeber des "Projects" kein Musiker, Sänger oder sonstiger Performer war, sondern der Toningenieur des Albums. Mischpulte mit ihren endlosen Reihen an Knöpfen und Fadern interessierten mich seitdem.

Die Latte lag also ziemlich hoch - aber das zweite Album "I Robot" enttäuschte gleich doppelt. Ich war damals schon lange ein großer Fan von Isaac Asimov und kannte die gleichnamige Kurzgeschichtensammlung natürlich. Leider hatte das Album nur den Namen, aber kein Robbie, keine Susan Calvin, kein entsprechendes Konzept - auch wenn Songtitel wie I wouldn't want to be like you und Genesis Ch.1, V. 32 eine gewisse Nähe zur Vorlage zu suggerieren schienen. Dass rechtliche Gründe hier die Verantwortung für das fehlende Konzept spielten, wurde erst später bekannt, aber auch die Musik schien deutlich weniger ambitioniert zu sein. In der Nachbetrachtung blieb "I Robot" trotzdem das zweitbeste Project-Album aller Zeiten, aber das konnte man damals ja noch nicht ahnen.

Da musste doch noch mehr drin sein - die Hoffnung wollte ich lange nicht aufgeben. Aber die Folgealben enttäuschten weiterhin zuverlässig - jedes Jahr gab es ein neues "Konzeptalbum" mit ähnlich vagen Konzepten wie bei "I Robot" und trotz einiger herausragender Einzeltitel schien es stets noch ein wenig schlechter, glatter, beliebiger zu sein als der jeweilige Vorgänger. "Eve" (Album Nr. 4) hatte ich mir dann schon gar nicht mehr gekauft. Dass "Eye in the Sky" (Album Nr. 6) dann der große Hit wurde, hatte ich nur noch am Rande mitbekommen. Diese Musik interessierte mich nicht mehr. 1982 gab es wahrlich aufregendere Musik als diese.

Dennoch bekommt man ja so einiges mit. Die Trennung von Parsons und Woolfson war Anfang der 1990er in den Medien; dass A.P. solo weitermachte, hatte ich mitbekommen, auch, dass er nach gut 18 Jahren erstmals auf Tournee ging, aber interessant fand ich diese Meldungen eher nicht.
Im Zuge der Neuausgaben von "Tales" und zuletzt "Eye" (2018) in 5.1 Surround fand ich jedoch wieder etwas Geschmack und konnte nun auch dem späteren Hit-Album etwas abgewinnen. Etwa um diese Zeit bekam ich einige Dateien zugespielt, die eine quadrophonische Konvertierung des im "Ambisonic"-Formats codierten Albums "Stereotomy" (Nr. 9, 1985) darstellten. Damit hatte ich ein wenig herumgespielt und schließlich eine durchaus anhörbare 5.1-Version dieses (leider doch sehr unterdurchschnittlichen) Albums für den Eigengebrauch produziert. Immerhin hatte ich mich so wieder mit Alan Parsons Werk beschäftigt und durchaus einigen Spaß daran gefunden. Die Ankündigung der Tour in diesem Jahr nutzte ich dann zu einem Spontankauf zweier Tickets für Düsseldorf, "Mitsubishi Electric"-Halle (die frühere "Philips"-Halle).

Die Idee hatten offenbar viele annähernd Gleichaltrige. Die Halle war jedenfalls voll mit weißen Köpfen, ein Anblick, der immer etwas unangenehme Erwartungen schürt, besteht doch das Publikum solcher Konzerte meist aus der Zielgruppe der unsäglichen Hitradios, die sich selbst mit "die größten Hits der 60er, 70er und 80er" bewerben - und das dann als Legitimation nehmen, eine kleine Rotation von vielleicht höchstens zweieinhalbtausend Hits dieser Zeit in Endlosschleife abzunudeln. Für Fans, denen es nichts ausmacht, z.B. von Toto immr wieder nur die zwei Titel Rosanna oder Africa vorgesetzt zu bekommen und die sich jedes Jahr zu Weihnachten an Last Christmas das Herz erwärmen. Da könnte ich... na, lassen wir das lieber.

Meine Erwartungen gingen also gerade in den Keller, als es einigermaßen pünktlich und ohne Vorgruppe losging. Ein bisschen erschrocken war ich vom Anblick des inzwischen 70jährigen Alan Parsons, der einigermaßen Mühe hatte, seine beachtliche Körperfülle die drei Stufen zu seinem Podest in der Bühnenmitte hochzuwuchten. Er nahm dann auch gleich auf seinem Hocker Platz und überließ die Show seinen mir völlig unbekannten Musikern.

Den Sound fand ich halbwegs OK (Innenraum etwas links von der Mitte), aber irgendwie war alles etwas zu leise für die üblichen Filter (-15 dB), die ich in meinen Hörschutz-Stöpseln drin hatte. Also in der Pause auf die mit der geringsten Dämpfung gewechselt, da war es dann etwas zu laut. Die mittleren hatten dann einigermaßen gepasst, aber seltsam klang es trotzdem. Aus der PA kam ein reines Monosignal und alles war ungefähr gleich laut (oder leise, je nach Filter). Offenbar fehlte es an der Differenzierung.
Die Lightshow (wenn man sie denn so nennen möchte), war ziemlich dürftig, ein paar Reihen Scheinwerfer, völlig unspektakulär, keine Projektion auf dem Hintergrund oder ähnliches. Die Spots für die jeweiligen Solisten kamen oft zu spät.

Ähnlich müde fand ich auch die musikalische Performance. Da fehlte vor allem in der ersten Hälfte die Spielfreude, man hatte den Eindruck, hier agierten bezahlte Studiomusiker, die vielleicht doch lieber gerade woanders wären (Ausnahme: natürlich der Bassist). Alan Parsons eigene Beiträge waren vernachlässigbar - meistens saß er auf seinem Podest und spielte eine akustische Gitarre, die man im Mix gar nicht hören konnte. Bei drei oder vier Songs übernahm er den Leadgesang, darunter auch einige Stücke, die im Original von Eric Woolfson gesungen wurden. Das gelang einigermaßen gut - aber der super-souveräne Sänger ist er nicht. Der vergleichsweise junge blonde Leadgitarrist durfte es ein paarmal übertreiben mit seinen Soli, aber so richtig inspiriert war auch er nicht, guter Handwerker immerhin. Das Publikum ging auch nicht so richtig ab, jedenfalls wurde es mehrfach aufgefordert, mitzuklatschen und aufzustehen, was aber (zum Glück) immer nur für ein paar Minuten funktionierte.

Nach der Pause wurde es zum Glück etwas lebendiger. Chris Thompson wurde angesagt und frenetisch bejubelt, war aber leider gar nicht gut bei Stimme. Er machte aber das beste draus und das Publikum schien sich nicht daran zu stören, dass man die vielleicht beste Rock-Stimme aller Zeiten nur noch erahnen konnte. Sang dann auch nur einen Song, den ich nicht kannte. Die letzte Viertelstunde konnte das Konzert dann nur noch im Stehen genossen werden, weil es die Leute (wiederholt aufgefordert) endlich doch nicht mehr auf den Stühlen hielt. Meine Begeisterung hielt sich jedoch in Grenzen. Ich hatte die ganze Zeit eher den Eindruck, einer Alan Parsons Project-Coverband zuzuhören, die zwar handwerklich gut war, aber keinen echten Bezug zum Repertoire hatte. Nicht allzu weit hergeholt, der Gedanke - hatte doch keiner der hier anwesenden Musiker auf den Erfolgsalben gespielt (Parsons selbst mal fairerweise ausgenommen, obwohl sein eigener instrumentaler Beitrag zu den Project-Alben ja recht überschaubar war).

Erstaunlich gut passten die neuen Songs zwischen die ganzen Klassiker. Das bemühte One Note Symphony (ein eher misslungener Versuch, eine Gesangsmelodie mit nur einer einzigen Note durchzuziehen) wurde direkt zum Auftakt abgehakt (eine mutige Entscheidung), so dass die anderen glatt durchliefen, von mir nur bemerkt, weil ich das neue Album zuletzt ein paarmal gehört hatte.

Glatt durchlaufen, das schien auch das Ziel des ganzen Konzerts gewesen zu sein - mir war alles ein wenig zu glatt, zu steril, zu langweilig. Weil es mein erstes (und letztes) Alan Parsons-Konzert war, bin ich immerhin nicht eingeschlafen, sondern habe mich mit meiner Begleitung in der Summe dennoch ganz gut unterhalten gefühlt. Aber auch sie war nicht wirklich überzeugt von diesem Konzerterlebnis.

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