Dienstag, 1. Februar 2022

STABILIZERS - Tyranny (1986)

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Ich hab's im Allgemeinen nicht so mit US-Bands, daher ist es eher die Ausnahme, wenn ich mich mal mit einer solchen beschäftige...

Eigentlich waren die STABILIZERS ein Duo aus Erie, Pennsylvania, bestehend aus Rich Nevens (Gitarre, Bass, Keyboards, Programming) und Dave Christenson (Vocals), die sich aber Live immer mit weiteren Musikern verstärkten. Mit liegt ein knapp 45 minütiger Mitschnitt aus einem Club namens "Sherlock's" in Erie aus der Zeit vor "Tyranny" vor, da beginnen sie gleich mit einer guten Version von Message in a bottle und spielen anschließend neben weiteren Police-Songs einige zeitgenössische Klassiker wie Talking in your sleep von den Romantics, Don't Change und The One Thing von INXS und sogar eine richtig gute Version von Peter Gabriels Shock the Monkey - keine Eigenkompositionen.

1984/85 liefen einige ihrer 4-Spur-Demos, aufgenommen mit einem Tascam 244 Portastudio in Rich Nevens Appartment im lokalen Hit-Radio K-104. Das brachte ihnen schließlich einen Plattenvertrag mit Columbia. Für ihr erstes und einziges Album "Tyranny" verstärkten sie sich mit einigen Gästen (darunter auch der hier nicht ganz unbekannte Nathan East). Es erschien am 1.12.1986 und wurde kein Hit. Anfang 1987 lief in "Formel 1" ihre erste Single-Auskopplung One Simple Thing - und dieser Song hatte mich gleich geflasht. Ich halte ihn heute noch für eins der wenigen Beispiele für den perfekten Pop-Rock-Song. Hier das Video dazu - immerhin von keinem geringeren als David Fincher dirigiert - leider in der längeren und deshalb nicht ganz so guten Album-Version:

Die "Edited Version" der Single hat den ersten Refrain gleich nach dem Intro herausgeschnitten - das spart uns das Falsetto von Dave und rockt gleich vernünftig los. Leider gibt es keine gute Version davon bei YouTube - die einzige, die ich gefunden habe, läuft deutlich zu schnell.

Schon vor einiger Zeit dachte ich daran, mir mal das Album zuzulegen, denn auch die zweite Single, der Titelsong Tyranny ist durchaus anhörbar. Leider ist es nur zweimal auf CD erschienen, 1987 in USA und Japan. Beide Versionen bekommt man zwar durchaus noch second hand, aber leider nur zu heftigen Preisen. Typischer Fall für ein Album, das nicht mehr existiert - weder Download- noch Streaming-Dienste führen es, keiner der üblichen Webshops hat es.

Letzte Woche fand ich dann schließlich doch noch eine erschwingliche Kopie. Vorher schon hatte ich einige "Bonus Tracks" auftreiben können: die beiden Single-Versionen und einen Non-Album-Song Maybe This Time vom Soundtrack des Films "If Looks Could Kill" von 1991, also fünf Jahre nach dem Album! - Keine Ahnung, was die Jungs in der Zwischenzeit gemacht haben. Ich fand Hinweise auf ein komplettes, aber nie erschienenes zweites Album, für das sie bei MCA Records unter Vertrag waren. Aus dieser Session wird wohl Maybe This Time stammen - derselbe Producer wie beim ersten Album und auch der Sound ist ziemlich ähnlich. 

Da das Cover-Booklet der CD die Fotos viel zu dunkel und recht unscharf reproduziert hatte, suchte ich anschließend nach einem gut erhaltenen Vinyl-Exemplar und fand eins bei Discogs. Sogar das Vinyl selbst war gut erhalten - die Platte sah ungespielt aus. Das erwies sich als Segen, denn mir fiel jetzt erst auf, dass die Laufzeiten von Track 4 Now I Hear You verschieden waren: 4:44 min auf der LP, 4:04 auf der CD. Beim direkten Vergleich der beiden Versionen fiel gleich auf, dass der Edit bereits im Intro erfolgte, das in der LP Version deutlich länger ist. Allerdings ist zu meiner Überraschung der Song für die CD-Ausgabe offensichtlich auch neu abgemischt worden. Dieser Unterschied fällt sofort auf. Über das Warum kann man nur spekulieren, da die verfügbaren Infos über die Band und ihr einziges Album sehr dürftig sind. Ich habe natürlich auch gleich alle anderen Songs miteinander verglichen, aber keine weiteren Abweichungen gefunden (abgesehen von der ein oder anderen etwas früheren Ausblende bei der CD, aber das sind jeweils nur wenige Sekunden und nicht weiter von Bedeutung). Ich habe also schließlich den CD-Remix von Now I Hear You gegen die lange Originalversion ausgetauscht und die Kurzversion als weiteren Bonustrack zwischen die beiden Single-Versionen gesetzt.

Schließlich veröffentlichte Dave Christenson auf seinem Soundcloud-Account 2012 zwei der besagten Demos von 84/85. Der auffälligste Unterschied ist hier der Einsatz eines Linn Drumcomputers. Die beiden Aufnahmen befinden sich jetzt als Track 14 und 15 am Ende der neuen CD.

Natürlich ist das Album ein Produkt seiner Zeit. Aufgenommen mit ordentlich Digital Reverb und FM-Synthesizern klingelt und zischt es, dass es nur so eine Freude ist. Orchester-Hits knallen, Fretless- und Slap-Bässe knurren, es gibt natürlich Saxofon-Soli und dazu reichlich höhenlastige Gitarren mit Powerchord-Vorlieben. So klangen die Eighties! -  Aber davon abgesehen ist jeder Song gut, natürlich keiner besser als One Simple Thing, aber die weltweit erste und einzige remasterte "Tyranny"-CD mit sechs Bonustracks steht jetzt in meinem Regal. Warum diese Band es nicht geschafft hat, erschließt sich mir nicht wirklich. 

Dave Christenson starb Ende 2017 im Alter von 54 Jahren an Lungenkrebs.

Freitag, 3. Juli 2020

JOFF ODDIE - To Mr Fahey (2019)

Ich vermute, der Name wird den wenigsten hier etwas sagen: Joff Oddie ist hauptberuflich Gitarrist der Londoner Alternative-Band "Wolf Alice" - meiner Meinung nach eine der besten neuen (und jungen) Rockbands des abgelaufenen Jahrzehnts. Ihre beiden Alben "My Love is Cool" und "Visions of a Life" waren bei mir in den letzten Jahren im Dauereinsatz und ich hatte das Vergnügen, die Band im Dezember 2018 live in Köln zu sehen.

Schon im letzten Jahr hatte Jeff sein erstes Soloalbum "TO MR FAHEY" herausgebracht, das mich viel zu lange nicht interessiert hatte. Nun aber doch endlich mal "aufgelegt", sprich bei Spotify abgespielt.

Es hat zehn Stücke, allesamt akustische Gitarren-Instrumentals und bis auf eins alles Covers. The Clap von Steve Howe dürfte in diesen Kreisen das bekannteste sein - und in diesem Stil, eine bunte Mischung aus Folk, Country, Blues und Ragtime, sind auch die anderen. Es ist aber eher eine Hommage an den legendären Gitarristen John Fahey, dessen Komposition Red Pony Joff Oddie beseelter und dynamischer vorträgt als seinerzeit sein Urheber. Schnelles Fingerpicking, offene Stimmungen gepaart mit den zarten Halleffekten, die auch die Songs von Wolf Alice veredeln, findet man hier - in überzeugend lässiger, aber kompetenter Art und Weise vorgetragen.

Die einzige Eigenkomposition (das Titelstück) findet sich auch bei YouTube:



Unten in der Beschreibung bei YT ist auch Link zur Bestellung der (offenbar seltenen, weil nirgendwo anders erhältlichen) CD. Alle Tantiemen gehen an den Trussel Trust, eine Wohltätigkeitsorganisation, die derzeit über 1,33 Millionen Lebensmittelpakete pro Jahr an Bedürftige in ganz Europa verteilt. Natürlich hab ich die gleich bestellt, man tut ja gerne wohl.😉

Mittwoch, 1. April 2020

PINK FLOYD - The Later Years (Box Set, 2020)

Aus der Rubrik "das hab ich mir dann doch geleistet":

Finde ich ja toll, dass sie jetzt die Blu-rays als eigene preiswerte 6er Box herausgeben. Was anderes hätte mich sowieso nicht interessiert, da kommt das ganz gelegen. Hätte mich jetzt nur geärgert, wenn ich die große Box schon gekauft hätte. Das macht Alan Parsons ja besser, da werden die Blu-ray only-Versionen direkt mit angekündigt.

Na, Aprilscherz beiseite... 😁 Hatte mich früh gegen den Erwerb des Boxset entschieden. Der Preis sinkt jetzt zwar allmählich, aber es ist nach wie vor eher der Inhalt, der mich nicht begeistert. Und der ganze Schnickschnack - die Unboxing-Videos sind ja eher abschreckend - immerhin sind keine Glasmurmeln drin, aber das ist auch beinahe schon die einzige gute Nachricht. Die Verpackung scheint bewusst kompliziert und aufwändig, weil sie offenbar durch größtmögliche Kleinteiligkeit das Nichtvorhandensein von Substanz kaschieren möchte.

Der neue (Stereo-)Mix von "A Momentary Lapse of Reason" klingt ok für mich. Ich habe das Original jedoch so selten gehört, dass mir kaum Unterschiede auffallen. Ja, sie sollen in Sachen Keyboards und Drums ordentlich nachbearbeitet haben. Die Drums neu aufgenommen und Ricks Keyboards aus den Live-Versionen geklaut. Kann sein. Ich finde vor allem die Drums meist viel zu leise. Der 5.1-Mix ist OK, daran hab ich nichts auszusetzen, aber er haut mich nicht annähernd so um wie der versteckte Surroundmix von "Meddle" aus dem "Early Years" Box-Set. Man muss klar feststellen, dass bis auf einige wenige Ausnahmen die Songs einfach nicht so gut sind. Da ist "The Division Bell" schon besser gelungen - dieses Album bekommt man hier nochmal im 5.1-Mix - wer die "Immersion Edition" schon hat oder sich damals lieber die einzelne DVD direkt bei Universal bestellt hat, hat den jetzt doppelt. Die Studio-Outtakes von TDB sind jedoch recht unbeeindruckend.

Schauen wir uns mal die anderen Blu-rays näher an. Die ganzen Live-Sachen interessieren mich eigentlich nicht wirklich. Pulse hab ich schon seit Jahren auf DVD (einmal geguckt). Venice lief Silvester im Fernsehen - ok, aber auch hier: nothing to write home about...
"Delicate Sound of Thunder" erscheint in der Tat deutlich verbessert, wobei das hier ja die erste digitale Veröffentlichung ist - das konnte ja nur besser werden. Die Bildschärfe ist gut, wobei das Filmkorn deutlich zu erkennen ist. Ich tippe auf einen 16 mm-Film, der mit 2K neu abgetastet wurde (alle Screenshots lassen sich anklicken und zeigen sich dann in Originalgröße). Ein Still von Wish You Were Here:

Schade finde ich jedoch, dass das Konzert nicht vollständig ist - die fünf fehlenden Songs gibt es als "Bonus Tracks" in gleicher Bildqualität auf der ersten "Bonus"-Blu-ray (allerdings leider nur mit Stereo-Ton), warum auch immer.







"Pulse" unterscheidet sich in Qualität und Schärfe leider kaum von der 2005er DVD. Allerdings scheint das SD-Video tatsächlich in weiten Teilen neu geschnitten zu sein - interessant, weil ja schon die DVD angab, dass es sich um einen neuen Schnitt gehandelt hatte.

Ich hab hier mal nacheinander von ungefähr denselben Stellen Screenshots gemacht, dabei die DVD-Bilder auf 1440x1080 Pixel hochskaliert (das sind die ohne Balken links und rechts). Beim ersten Pärchen ist klar erkennbar eine andere Kamera für die Totale genommen worden, die etwas weiter links außen gestanden hat., Daher erscheint der Screen mit George Bush etwas weniger kreisförmig:





Die DVD hat auch die etwas satteren Farben, ist aber minimal unschärfer und hat zumindest im Still gut sichtbar stärkere Kompressionsartefakte:










Venice gab es zu Silvester ja schon im Fernsehen - sicher auch kein HD-Video, aber besser als alles, was vorher in den Tauschbörsen unterwegs war:
















Ist nicht überall so dunkel. Die beste Qualität hat Knebworth, das sieht richtig gut und scharf aus. Hier zwei Stills von Money, das es wie The great gig bisher ja nur in gruseligster (Audience-)Qualität gab:

















Keine HD-Qualität hat auch das Hall-of-Fame-Induction-Video mit Billy Corgan (der endlos lange redet). Viel besser als das eigentliche Pulse-Video sind die Pulse-Rehearsals auf der ersten "Bonus"-BD. Mit Knebworth in der Bildqualität vergleichbar, aber leider nur zwei Songs, einer davon (Great day for freedom) in zwei Versionen. Die Musikvideos (Promos) sind natürlich knackscharf, haben allerdings ebenfalls keinen 5.1-Sound. Arnold Layne live mit Ricks Vocals ist klasse, leider nicht sehr scharf und leidet unter Wacklern.
Der "Endless River"-Film von Ian Emes hätte natürlich auf die Blu-ray des Albums gehört, ist aber wohl erst später fertig geworden. Dessen Deluxe-Ausgabe ist damit natürlich beinahe überflüssig geworden - hier bekommen wir wunderschöne Aufnahmen in perfekter Bildqualität und auch die 5.1.Version. Von den übrigen Dokus auf der zweiten "Bonus"-BD ist eigentlich nur das Video von den Arnold Layne-Garderoben-Probe erwähnenswert, das ist wirklich interessant.

So weit meine Eindrücke.

(Alle Rechte der Screenshots bei Universal Music Group. Sie dienen hier nur zur Erläuterung der Rezension. Scherzfoto der Blu-ray only-Box copyright by tom)

Dienstag, 17. Dezember 2019

Technobabble: Plattenspieler-Update 11/2019

...es klingt nicht schön, will aber trotzdem abgespielt werden! 😏

Meine Haltung zum Thema Vinyl ist ja nicht zuletzt durch diesen Blog bekannt - weniger bekannt ist vielleicht, dass ich seit einigen Jahren nebenberuflich ein Mastering-Studio betreibe. Oft bekomme ich als Ausgangsmaterial "nur" eine mehr oder weniger verschlissene Schallplatte, die ich dann so weit aufarbeiten muss, dass sie als Master für eine CD und eine neue Vinylauflage taugt. Das ist vor allem ein sehr zeitraubender Vorgang.

Als Plattenspieler nutze ich zu diesem Zweck seit vielen Jahren einen DUAL CS741Q - dieses Modell kam 1982 auf den Markt - erstmals im zeitgenössischen Japan-Design, wobei er vollständig Made in Germany war. Das bis dahin jahrzehntelang kaum veränderte, eher rustikal anmutende "Schwarzwälder Design" der legendären Firma wurde aufgegeben - keine Nussbaum-furnierten Holzchassis mehr, dafür war jetzt Silberlook und Plastik angesagt. Kein billiges Plastik natürlich, sondern durchaus ein sehr stabiler Qualitätswerkstoff, aber modern sollte es halt aussehen - was man in den 1980ern halt so trug. Ich finde ihn heute noch ziemlich schick und elegant - er sieht irgendwie "technisch" aus, ohne ausschließlich funktional anzumuten wie die Studio-Trümmer von EMT - das gefällt mir. Eine seltenere Variante gab es übrigens auch in dunkelbraun - naja...

Dual CS741Q mit Lehmannaudio Black Cube SE II
Der CS741Q war bei seiner Markteinführung das Topmodell - Kenner behaupten, dass Dual nie einen besseren Dreher gebaut habe. Der UVP von 750 DM (entspricht einer heutigen Kaufkraft von ca. 680 €) war hoch, aber angemessen. Genützt hat es wenig - die Zeit der Plattenspieler war vorbei, die CD war das neue, angesagte Medium, Vinyl wollte niemand mehr. Dual ging kurz darauf pleite und wurde von einer französischen Firma übernommen, die Fertigung in Deutschland auf ein Minimum zurückgefahren. Später wurde die Wortmarke nach Fernost verkauft und prangte fortan an allen möglichen Elektogeräten, wie es auch beim ehemaligen Konkurrenten Braun der Fall war (gab es eigentlich auch elektrische Zahnbürsten, Föhns und Rasierer von Dual?). Heute werden wieder Dual-Plattenspieler von akzeptabler Qualität im Schwarzwald gefertigt - jedoch mit deutlich weniger ambitionierter Technik. Einen quarzgeregelten Direct-Drive mit "Ultra-Low-Mass"-Tonarm und einem stimmbaren Anti-Resonator wie den CS714Q sucht man im Portfolio vergeblich.

Vor ein paar Jahren - der Spieler stand schon da, wo er auch heute wieder steht (siehe Foto oben) - saß ich am Studio-Schreibtisch, als es plötzlich hinter mir anfing, fies nach "Elektronik" zu riechen. Aus der vorderen linken Ecke des Plattenspielergehäuses quoll eine stinkende Qualmwolke! Klar: hier war irgendwas abgeraucht. Ich bekam etwas Panik, zog den Netzstecker und öffnete vorsichtig das Gerät. Die Ursache war auf einen Blick zu erkennen: Am ohnehin schon länger defekten Ein/Aus-Schalter (dessen Funktion ich vor einiger Zeit überbrückt hatte, um das Gerät überhaupt verwenden zu können, ohne den Knopf die ganze Zeit gedrückt zu halten) befand sich ein durchgeschmorter Funkentstör-Kondensator. Nun, so ein 1,50 €-Bauteil war mir bereits bei meiner Senseo-Kaffeemaschine begegnet - da war es verantwortlich für die geplante Obsoleszenz, die gleich nach Ablauf der Garantiezeit dafür sorgen sollte, dass der Besitzer sich eine neue Senseo kauft. Diesen Vorwurf konnte ich meinem Plattenspieler nicht machen - das Teil hatte immerhin 30 Jahre tapfer durchgehalten. Anders als bei meiner Senseo ließ es sich auch einfach ersetzen - und meine Panik war unbegründet: Diese Sorte Kondensator brennt quasi kontrolliert ab und löscht sich dann selbst - ohne dass das Studio dabei in Flammen aufgeht. Es stinkt halt nur.

Das war jedoch nicht das einzige Problem. Dual hatte damals die Idee mit "ULM - Ultra-Low-Mass" - die Masse des Tonarms sollte möglichst gering sein, damit es auch bei verwellteren Platten mit deutlichem Höhenschlag zu keinem Abtastproblem kommen sollte. Außerdem, so die (durchaus umstrittene) Theorie, würde die Nadel der Rillenauslenkung noch besser folgen können. Also wurde im Wortsinn massiv abgespeckt. Schließlich mussten sogar die Schrauben der üblichen Halbzoll-Befestigung dran glauben. Dual ließ von seinen Zulieferern Shure und Ortofon ULM-Spezial-Systeme entwickeln, die in den Tonarmkopf eingeklickt wurden.
ULM-Träger mit Halbzoll-Adapterplatte
Ein Systemwechsel ließ sich so in wenigen Sekunden ohne Schrauben und fummelige Kabelhülsen durchführen. Um dennoch auch Halbzoll-Systeme montieren zu können, wurde immerhin eine Adapterplatte mitgeliefert. Am anderen Ende des Tonarms musste dafür sogar ein zusätzliches Gegengewicht montiert werden - mit ULM hatte das dann allerdings nichts mehr zu tun. Außerdem lag der Arm wegen der zusätzlichen Höhe der Adapterplatte (ca. 2 mm) nicht mehr parallel zur Plattenoberfläche, dadurch stimmte auch der Aufsetzwinkel der Nadel nicht mehr - ein Problem, denn der Tonarm ist leider nicht höhenverstellbar. Als mechanische Schwachstelle erwies sich dann die winzige Plastik-Haltenase, die das ULM-System oder die Adapterplatte unter dem Trägerkopf arretierte. Diese brach irgendwann ab, so dass ich mich die letzten Jahre mit einem Kabelbinder behelfen musste, ansonsten wäre das System einfach heruntergefallen. Es blieb leider eine wackelige Angelegenheit - nicht immer waren nach dem Aufsetzen der Nadel auch beide Kanäle zu hören, weil die Federkontakte durch die fehlende Arretierung trotz Kabelbinder wohl nicht ausreichend fest angedrückt wurden.

Auch die Automatik hatte mit den Jahren gelitten, immer häufiger senkte sich der Tonarm nicht in die Einraufrille, sondern schon knapp vor der Platte ab.

Dennoch waren mit dem von mir verwendeten Ortofon OMB5-Billig-System bis zuletzt durchaus brauchbare Digitalisierungen möglich - der Frequenzgang war absolut OK, allerdings war der Klang wenig "dynamisch" und eher etwas "muffig" - was ich allerdings erst jetzt, im direkten (und lautheitskorrigierten) Vergleich feststellen kann.

Zeit also für eine Generalüberholung! Auf die Webseite der Magdeburger "Dualklinik" war ich schnell aufmerksam geworden, eine Anfrage über das Kontaktformular wurde schnell beantwortet und die Komplettrestauration inkl. Umbau des Tonarms auf Halbzoll beauftragt (Kosten insgesamt: 670 € - beinahe Neupreis. Letztlich etwas teurer als ursprünglich veranschlagt, weil ich dummerweise vergessen hatte, das Anti-Resonator-Gegengewicht für den Transport zu demontieren - es kam in Einzelteile zerlegt in Magdeburg an und musste komplett ersetzt werden). Etwa zwei Wochen war der Plattenspieler unterwegs, dann kam er zurück und sah beinahe aus wie neu. Im Karton lag ein Beutel mit allen ausgetauschten Bauteilen - sämtliche Elkos, alle Mikroschalter und die nun nicht mehr benötigten Teile der alten Systembefestigung. In der begleitenden Mail wurde ich freundlich darauf hingewiesen, dass "mit der jetzt montierten 5er Nadel [...] kein Hifi Genuss aufkommen [kann]. Man baut in die Mercedes S-Klasse ja auch keinen Motor vom VW Polo ein". Empfohlen wurde mir eine 30er oder 40er Nadel (für 270 bzw. 360 Euro). Meine Entscheidung war jedoch bereits gefallen, da ich zwischenzeitlich herausgefunden hatte, dass Ortofon für den OM-Träger eine speziell auf den Anwendungszweck der Digitalisierung optimierte Nadel mit dem schönen Namen "Arkiv" entwickelt hatte. Diese sollte besonders neutral klingen und war mit 40 Euro auch deutlich preiswerter. Davon abgesehen wusste ich, dass die Nadel ohnehin nicht der kritischste Teil der Wiedergabekette ist - das ist nämlich der Phono-Vorverstärker (auch "Phono-Stage" genannt).

Der fehlte mir noch. Bisher hatte ich bedenkenlos den Phono-Eingang meines Yamaha RX-V663-Receivers verwendet. Ich wäre nur gern auch etwas flexibler mit dem Signalrouting gewesen, deshalb sollte der Ausgang der Vorstufe auf meinem analogen LEMO-Steckfeld liegen. Also ein externer Preamp - da kam eigentlich nur ein "Black Cube" von Lehmannaudio in Frage. Diese kleinen Kistchen haben seit fast 25 Jahren einen ausgezeichneten Ruf in der "Audiophilen"-Szene. Die RIAA-Entzerrung erfolgt hier ausschließlich durch passive, selektierte Komponenten mit perfekt neutralem Frequenzgang und ebenso perfekter Wiedergabe der Transienten. Da die Firma bei uns quasi um die Ecke "wohnt", bin ich hingefahren und habe mich von Inhaber Norbert Lehmann beraten lassen. Schließlich ist es ein Black Cube SE II geworden, mit einem VP von 950 € der teuerste, aber durch sein voluminöses Netzteil auch der beste Black Cube.

Da ich selbst Vinyl-Masterfiles erzeuge, bin ich in der seltenen Lage, eine Schallplatte direkt mit ihren Masterfiles vergleichen zu können. Als Testobjekt diente mir hier eine White-Label-Testpressung von Optimal Media des im Frühjahr bei Tapete Records erschienenen Doppelalbums "The Nightmare of J. B. Stanislas" von Nick Garrie. Die folgenden Kurven zeigen den Peak- (gelb) und den Durchschnitts-Frequenzgang (grün) des Titelsongs (LP1, A1). Die dickeren Linien sind der Vinyltransfer, die dünneren das 24 Bit-Masterfile:

Anzeige Y-Achse x10 dB, Auflösung x-Achse 1/12 Oktave
Wie man sieht, unterscheiden sich die beiden Kurven praktisch nur im Tiefbassbereich, also unterhalb von 30 Hz. Dies sind die Störgeräusche der Abtastung, die ziemlich genau 20 dB mehr betragen als im Original. Verursacht durch die RIAA-Schneidekurve, nach der die Bässe beim Schnitt um 20 dB abgesenkt werden. Der Phono-Vorverstärker muss die Bässe daher spiegelbildlich wieder um 20 dB verstärken - leider werden die Störgeräusche natürlich mit verstärkt. Der Black Cube bietet mehrere schaltbare Hochpässe an; ich habe mich nach einigen Tests für eine Einstellung entschieden, die die Bässe unterhalb von 20 Hz absenkt. Dies "greift" die musikalischen Frequenzen kaum bis gar nicht an, sorgt aber dafür, dass das Gerumpel gut unter Kontrolle bleibt. Eine kleine, sichtbare Einbuße erfahren auch die Peaks oberhalb von 10 kHz - das ist wahrscheinlich die Folge eines Tiefpassfilters, den das Presswerk beim Schnitt oberhalb von 16 kHz einsetzt. Den Cube fahre ich übrigens im "MM High Output" Modus, ansonsten würde er den A/D-Wandler meines RME Fireface 800 glatt überfahren. Grund ist das relativ laute Ortofon Arkiv-System.

Entscheidend aber ist die Transienten-Wiedergabe - da ist der Black Cube durch sein passives RIAA-Filter im Vorteil - und das hört man auch. Verglichen mit dem Yamaha klingt hier alles eine Spur "klarer" und "frischer", Drums sind "knackiger" und scheinen mehr im Vordergrund zu stehen. Damit wird beinahe die Präzision des digitalen Masters erreicht - ich denke, dass die Wiedergabe vom Vinyl kaum originalgetreuer sein kann - und darauf kommt es an!

Mit dem Kurzschließer-Mechanismus der Dual-Automatik habe ich jedoch immer noch ein Problem - er knackst vernehmlich, sowohl beim Schließen als auch beim Öffnen. Zuletzt habe ich Spitzen von bis zu -5.5 dbFS gemessen. Natürlich ist die Funktion prinzipiell eine gute Idee gewesen, wird doch so das Aufsetzgeräusch der Nadel wirksam vermieden. Dafür bekomme ich zwei Knackser statt einem. Bei nächster Gelegenheit nehme ich den Mechanismus daher wohl besser außer Betrieb.

v.l.n.r.: IN R | OUT R | Netzteil-Festanschluss | IN L | Masseklemme | OUT L
Außer Betrieb genommen habe ich schon das alte Cinch-Kabel - ersetzt wurde es durch zwei symmetrische Mikrofonkabel, deren Schirme auf der Gehäusemasse des Dual liegen und die, mit Schrumpfschläuchen sorgfältig isoliert von der Tonmasse, am Klemmanschluss auf der Rückseite des Cube geerdet sind. Auf nebenstehendem Foto gut zu erkennen sind die braunen Litzen, die hinten aus den vergoldeten Cinch-Steckern herausgeführt sind. Dadurch habe ich nun eine perfekt symmetrische Signalführung, die die Brummeinstreuung (dafür war der Plattenspieler im Studioumfeld immer etwas anfällig) deutlich minimiert hat. Sie liegt nun in der Größenordnung -70 dBFS - ohne Platte. Das ist ein perfekter Wert, der mit Platte sowieso nie erreicht werden kann.

Fazit: Trotz des hohen finanziellen Aufwands hat sich die Umrüstung gelohnt. Für die nächsten 35 Jahre habe ich jetzt Ruhe - und mein Studio eine professionelle und völlig neutrale Vinyl-Wiedergabe. Der nächste Vinyl-Restaurations/Mastering-Auftrag ist schon eingetroffen - da freue ich mich drauf! 😊



Montag, 2. September 2019

THE CURE - 12" (1981-86)

The Cure habe ich 1981 in Essen gesehen. Vor ca. 150 Zuschauern im halb leeren "Saalbau" - die kannte damals in Deutschland ja keiner. Sie hatten gerade ihr drittes Album "Faith" rausgebracht. Vor dem Konzert spielten sie den "Carnage Visors"-Film mit dem hypnotisch-genialen 27minütigen Instrumental-Soundtrack, den es auch auf der B-Seite der Cassette von "Faith" und sehr viel später (2005) auch auf der Deluxe Edition CD gab. Den merkwürdigen Puppentrick-Animationsfilm habe ich nie wieder gesehen, aber ich habe noch das Booklet mit einigen Standbildern darin; das gab es im "Saalbau" am Merch-Stand.
The Cure waren einfach großartig damals. Die ersten vier Alben "Three Imaginary Boys",, "Seventeen Seconds", "Faith" und "Pornography" (1979-82) sind legendäre Meisterwerke. Meine Begeisterung ließ allerdings nach den ersten Umbesetzungen etwas nach. "The Head On The Door" (1985) war noch ganz gut und ein paar der kommerzielleren Singles später haben mir auch gefallen, aber mit den späteren Alben bin ich in voller Länge nicht so recht warm geworden. Nein auch nicht mit "Disintegration" (1989), das heute oft, aber zu Unrecht als Meisterwerk und Nachfolger von "Pornography" gelobt wird. Anders als letzteres ist es nämlich nur schwermütig und vor allem laaang (72:25 min Laufzeit für die CD).

Nach "Pornography" war das Trio jedoch am Ende. Bassist Simon Gallup und Sänger/Gitarrist Robert Smith hatten sich übel verkracht mit dem Resultat, dass Gallup für fast drei Jahre ausstieg. Mehr als zwei Jahre lang wurde gar kein Album veröffentlicht, stattdessen eine Reihe von Singles und Maxis, mit vielen Stücken, die nie auf einem regulären Studioalbum landeten und die ich hier (zusammen mit anderen) kurz vorstellen will:

(Vergrößern durch Anklicken)
Acht CURE 12" aus meiner Sammlung, alles UK-Pressungen bis auf die letzte unten rechts.

Die oberen und ersten vier mit ausschließlich Non-Album-Tracks, links Charlotte Sometimes (1981) ist die älteste und heute wertvollste. Sie kam ein halbes Jahr nach "Faith" heraus. Zweiter Titel der A-Seite ist das perkussive Splintered In Her Head und eine über 10minütige extrem gedehnte Live-Version von Faith hat die B-Seite für sich allein.
Mitte oben links dann die erste Maxi der Duo-Phase: Let's go to bed (1982), ein recht radikaler Stilwechsel nur ein halbes Jahr nach dem suizidgefährdenden "Pornography"-Album hin zu leichterer Musik. Die B-Seite Just One Kiss übt sich in ähnlicher Poppigkeit. Die ein weiteres halbes Jahr später erschienene 12" mitte oben rechts hat eigentlich keinen richtigen Titel, weil keiner der vier so richtig herausgestellt wird, aber sie wird im Volksmund einfach "The Walk-E.P." genannt. Sie hat die eigenartige Tracklist A1 The Upstairs Room, A2 The Dream, B1 The Walk, B2 Lament - eine klassische E.P. oder ein Mini-Album also. Daraus ausgekoppelt gab es The Walk auch als 7"-Single (mit The Dream als B-Seite), deren Video im noch recht frischen MTV damals ziemlich Furore durch seine ausgelassene Verrücktheit machte. Nur drei Monate später machte das jazzige The Love Cats (oben rechts) dann das Trio komplett und wurde sogar der erste Top 10-Hit (#7 UK). Hier gab es die "Extended Version", die die deutsche Plattenfirma Metronome glatt zur "Disco Version" erklärte, zusammen mit den beiden B-Seiten-Stücken Speak My Language und Mr Pink Eyes. Durch den Erfolg ließ die Zweitverwertung nicht lange auf sich warten: noch im Dezember 1983 erschien der Sampler "Japanese Whispers (The Cure Singles Nov 82 : Nov 83)", dessen Inhalt aus den Songs dieser drei Non-Album-Maxis der Duo-Phase (minus Mr Pink Eyes) bestand. Den Zusatz in Klammern trug nur die UK-Vinylausgabe, was zur Folge hatte, dass Uneingeweihte "Japanese Whispers" bis heute für ein reguläres Album halten.

Die zweite Reihe: The Caterpillar (1984), In Between Days (1985) und Close To Me (1985) waren normale Album-Auskoppelungen, immerhin gab es weitere Non-Album-Tracks auf den B-Seiten. Ab 1985 war auch Simon Gallup wieder dabei - seine Basslinien hatte man vermisst.
Boys Don't Cry (New Voice - New Mix) (1986) war wie im Untertitel schon ersichtlich, ein Remix der dritten Cure-Single von 1979 mit neuen, zeitgemäß etwas mehr quengeligen und stärker verhallten Vocals. Interessanter waren die beiden Non-Album-Tracks aus der Zeit des Debütalbums, Pillbox Tales und Do The Hansa.

Danach wurde es mir langsam zu unübersichtlich, zumal ich mich auch über die Close To Me-12" geärgert hatte, denn die nur etwas später erschienene, natürlich noch limitiertere 10" hatte noch einen Non-Album-Track mehr zu bieten. Inzwischen sind natürlich alle Non-Album-Tracks entweder auf den Deluxe-Editionen der Alben oder im B-Seiten-Boxset "Join The Dots" (4CD, 2004) erschienen, leider allesamt aus dem Kontext gerissen.

GOVI Sampler: German Rock Scene Vol. I - VI (1975-80)

Der Sammlerwert dieser schönen, vorn leider nicht besonders abwechslungsreich gestalteten LP-Sampler der Firma GOVI beträgt derzeit zusammen nicht einmal 30 Euro, aber in meiner Sammlung haben sie ein Ehrenplätzchen:


Zwischen 1975 und 1980 kam jedes Jahr eine dieser Platten heraus und da sie mit 5,- DM günstiger waren als eine Single, hatte ich nicht gezögert. In GOVIs kleinem, aber gut sortierten Plattenladen auf der Brückstraße in Dortmund war ich ohnehin Stammkunde und in der Tat habe ich mir einige gute Anregungen holen können. Das Erscheinen der letzten, seltsamerweise anders gestalteten LP hatte ich jedoch verpasst - die habe ich mir der Vollständigkeit halber vor ein paar Jahren zugelegt.

Natürlich gab es diese Sampler rein zu Promotionzwecken - deshalb wurden sie in enger Kooperation mit den Plattenfirmen erstellt. GRS I hatte sogar ein Standard-Label von Brain. Mit Sky Records war auch ein echtes Indie-Label regelmäßig dabei - was damals ein kluger Schachzug war, da deren Platten im Radio seltener gespielt wurden.

GRS I (Brain/Metronome) 1975:
Neu: Neuschnee 3:59, Emergency: Confessions 4:00, Jane: Out In The Rain 5:48, Novalis: Banished Bridge 5:36, Curly Curve: Hell And Booze 4:03, Guru Guru: Samantha's Rabbit 2:54, Lava: Holy Fool 5:17, Embryo: Radio Marrakesch 2:25, Thirsty Moon: Das Fest Der Völker 5:02, Kollektiv: Baldrian 7:05

GRS II (Sky Records, BASF, CBS, Onagram, Teldec) 1976:
Harlis: BMW 5:03, Tritonus: Lady Turk 5:05, Birthcontrol: Rockin' Rollin' Roller 5:43, Ramses: La Leyla 7:25, Streetmark: Eleanor Rigby 5:30, Percewood's Onagram Feat. Michels: I've Got My Woman 4:36, Message: Before The Dawn 6:01, Embryo: Music Of Today 4:12, Kin Ping Meh: Good Time Gracie 3:22

GRS III (Sky Records) 1977:
Michael Rother: Flammende Herzen 7:02, Harlis: Night Meets The Day 5:00, Bullfrog: I Came From The Sky 4:45, Breakfast: Needing You 4:13, Ramses: Noise 6:25, Octopus: The First Flight Of The Owl 5:09, Streetmark: Reality Airport 5:55, Cluster: Sowiesoso (Excerpt) 3:30

GRS IV (A-Seite: Teldec, B-Seite: Sky Records) 1978:
Udo Lindenberg: Schneewittchen 4:20, Ulla Meinecke: Ex Und Hopp Mann 3:43, Jutta Weinhold: Keep On Running 2:54, Amon Düül II: One Blue Morning 7:30, Satin Whale: Reminiscent River 4:12, Michael Rother: Sonnenrad (Kurzversion) 3:13, Bullfrog: A Housepainter's Song 8:45, Octopus: The Delayable Rise Of Glib, Part II 3:43, Shaa Khan: World Will End On Friday 4:47, Streetmark: Tomorrow 1:11

GRS V (Brain/Metronome) 1979:
Birth Control: The Last Survivor 4:30, Jane: Fire 4:06, SFF: Explorer 4:55, Guru Guru: I'm Rolling Through The City 4:30, Grobschnitt: Travelling 6:50, Novalis: Brandung 3:42, Message: World Keeps On Turning 4:59, Accept: Helldriver 2:40

GRS VI (A-Seite: Innovative Communication/WEA, B-Seite: Sky Records) 1980:
Robert Schröder: Harmonic Ascendant (Auschnitt) 6:20, Richard Wahnfried: Charming The Wind 4:48, Mickie D's Unicorn: The Searcher 5:31, Baffo Banfi: Astralunato 3:51, Mickie D's Unicorn: Black Riders (Anhang) 0:38, Adelbert Von Deyen: Timemachine 5:02, Octopus: Black Points 3:37, Straight Shooter: Love In My Mind 3:11, Faithful Breath: This Is My Love Song 2:57, Mythos: Conjuration 1:27, Harald Grosskopf: Emphasis 4:55


Mein Favorit ist übrigens die zweite Seite von GRS IV - da gibt es nicht nur keinen Ausfall, sondern auch die komplette 8:45 lange, großartige Prog-/Hard Rock-Ballade A Housepainter's Song von Bullfrog, die ich sicherlich sonst nie kennen gelernt hätte:


Freitag, 23. August 2019

Spielereien mit Stems

Bekanntlich kann man sich u.a. von dieser Seite https://remixpacks.ru/ haufenweise und kostenlos sogenannte Stems von Songs aller möglichen Genres runterladen.

Stems sind quasi Subgruppen-Mixe von normalen Stereoabmischungen, also keine Einzelspuren von Multichannel-Tapes, sondern Sub-Mixe einzelner oder mehrerer Instrumentengruppen. Diese ergeben idealerweise, bei gleichem Pegel zusammengemischt, wieder den gewohnten Stereomix.

Die meisten der dort angebotenen Stems sind Rips von Spielen wie "Rock Band" oder "Guitar Hero" etc. und haben unterschiedliche Qualität. Bei erstgenannten scheint es sich um FLAC-Dateien mit 44,1 kHz und mindestens 16 Bit zu handeln, also normale CD-Qualität. Es gibt aber auch viele Stems im datenreduzierten Format Ogg Vorbis. Interessant ist, dass Songs, die als Normalversion eine Ausblende haben, hier oft länger laufen und einen richtigen Schluss besitzen. Auf einer Spur befindet sich auch ein Einzähler. Die Stems-Pakete von "Jammit" haben zusätzlich zu den "normalen" Stems auch verschiedene Versionen des Songs jeweils ohne Bass, ohne Gitarren, ohne Drums und ohne Vocals, die zum Jammen ganz hervorragend geeignet sind, je nachdem, welches Instrument man spielt.

Nun ist es schon allein absolut faszinierend, in einzelne Spuren von bekannten Songs isoliert reinzuhören, aber die Idee, die Songs gleich neu abzumischen, liegt natürlich auf der Hand.


Ich hatte gleich entdeckt, dass es auf der oben genannten Seite sämtliche Songs des ersten (legendären) Album von THE CARS (in der "Rock Band"-Version) gibt und habe den folgenden Abend mit einem unterhaltsamen 5.1-Remix am Pro Tools verbracht. Das CARS-Album hat pro Song sieben Stems, je einen für Vocals, Snare, Kick, Guitar, Cymbals, Bass und Backing, alle in Stereo bis auf den Bass.

Auf dem "Cymbals"-Stem ist das komplette Drumset außer Kick und Snare drauf, die gibt's ja extra. "Backing" ist eher eine Wundertüte, denn da finden sich außer den Keyboards auch Backing Vocals, zusätzliche Gitarren und Effekte. Diese Spur kommt also nach hinten auf Ls und Rs. Die Vocals müssen ja irgendwie in den Center, was aber bei einer Stereospur bedeuten würde, dass sie dann mono wäre - schlecht für die Backing Vocals, die auch da enthalten sind. Also das DTS Neural Upmix-Plugin eingeschleift, das den Stereo-Stem nach 5.1 konvertiert. Jetzt kommt der Hall der Vocals auch hinten an und der Leadgesang ist da, wo er hingehört: im Center-Kanal. Das Plugin hab ich gleich auch beim "Cymbal"-Stem eingesetzt, was die Drums über die ganze Fläche schön räumlich verteilt. Die Gitarren kommen etwas nach "vorn", also fast auf der Hälfte zwischen L/R und Ls/Rs. Bass in den Center und Anteile von Kick und Bass noch auf den LFE. Alle Pegel auf 0, fertig. Klingt schon toll so. Beinahe jedenfalls.
Einiges Finetuning kommt noch auf mich zu, weil die Backing Vocals auf dem "Backing" Stem manchmal deutlich leiser sind als die auf dem "Vocals"-Stem. Offenbar war da ein Limiter am Werk, der die Vocals abgesenkt hat, denn ich kann die Spur nicht komplett lauter machen, weil dann die Keyboards zu laut wären...

Jedenfalls lässt sich so also mit relativ geringem Aufwand eine 5.1-Mischung basteln, der man nicht anhören kann, dass die Möglichkeiten hier eingeschränkt waren.

Das CARS-Album klingt im neuen 5.1-Mix großartig, die Stems sind absolut sauber produziert. Im direkten Vergleich fällt die Stereofassung (der Deluxe-Edition von 1999) doch ziemlich platt und dünn aus. Klar, die dritte Dimension fehlt hier, aber offenbar auch die Power. Toll auch, dass die drei Songs, die im Original ausgeblendet sind, hier ausgespielt werden, was im Fall von My best friend's girl zwar nur sechs weitere Sekunden bringt, darin jedoch ein richtiger Schluss gespielt wird. Gut 25 zusätzliche Sekunden bekommt man immerhin bei Don't cha stop und All mixed up, während der synthetische Wind im Intro von Moving in Stereo (das jetzt eigentlich "Moving in Surround" heißen müsste) locker doppelt so lang ist. Was leider aber auch das Problem mitbringt, dass auf demselben Stem eine Hi-Hat vier Einzähl-Schläge spielt, bevor die Gitarre einsetzt. Klar, die Kinder mit ihren albernen Fake-Instrumenten sollen ja eine Chance auf einen korrekten Einsatz bekommen. Diese Schläge wieder rauszubasteln war jedenfalls eine längere Aktion - die sich aber gelohnt hat.

Das nächste Album steht schon an, und da bleibe ich mal gleich in Boston, der Heimatstadt der Cars: "BOSTON" von BOSTON (1978). Es fehlt leider der letzte Song des Albums "Let me take you home tonight" (auch der einzige Song, der nicht von Mastermind Tom Scholz geschrieben ist), dafür sind von allen anderen Songs gleich je zwei Versionen ("Rock Band" und "Jammit") mit unterschiedlich bestückten Stems vorhanden. Dazu kommen noch die erwähnten Playbacks von "Jammit". Mal sehen, wie sich das gescheit nutzen lässt...