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Diese LP, klar, ein Sampler mit dem bis dahin "Sladesten" von Slade, die damals auf
dem Höhepunkt ihrer Karriere waren, war das zweite Album (nach dem Debut von Suzi Quatro), das ich mir je gekauft hatte; ich war da zarte 12 Jahre alt. Gab es lange nicht auf CD, daher hatte ich es lange nicht mehr gehört. Als ich nun gesehen hatte, dass Salvo 2011 dieses Album neu aufgelegt
hatte, konnte ich nicht widerstehen, denn unter den vier Bonustracks war
mit My Friend Stan (1973) immerhin ein weiterer "Hit" und vor allem auch dessen geniale B-Seite My Town - von dem viele meinten, es wäre als A-Seite die bessere Wahl gewesen.
Viele Slade-Hit-Singles gab es damals nicht
auf ihren regulären Alben und mir kam es in erster Linie natürlich auf
die Hits an, die ich kannte. Dazwischen eingestreut waren jedoch einige seltsam anders klingende Songs, die ich nicht
kannte und damals auch nicht sehr mochte. Diese fehlten auf den meisten
späteren Samplern. Das Originalalbum kam im Fold-Out-Cover mit
eingeheftetem Innen-Booklet. Dieses findet sich faksimiliert im
CD-Booklet der Salvo-Ausgabe, die mit zusätzlichen Liner-Notes und schöner Ausstattung glänzt.
Es ist immer interessant und macht Spaß, ein Album nach so langer Zeit
neu zu entdecken. Meist hat sich doch der Geschmack geändert und vieles,
was man früher überhört hat, fällt nun umso klarer und deutlicher auf.
Vieles gerät auch komplett in Vergessenheit. - Nun gut, die Hits Cum
On Feel the Noize, Look Wot You Dun, Gudbuy T' Jane, Skweeze Me Pleeze
Me, Tak Me Bak 'Ome, Coz I Luv You, Get Down and Get With It und Mama Weer All Crazee Now
mit all den arg-lustigen Rechtschreibfehlern (es gab damals in UK
Lehrer, die sich öffentlich beschwerten) sind mir natürlich immer im
Gedächtnis geblieben, denn die befinden sich auch auf nahezu allen
anderen Samplern.
Trotzdem komme ich zu einer leicht veränderten Neubewertung. Ihr Manager
und Produzent Chas Chandler (The Animals) hatte damals mit Get Down and Get With It (1971,
#16 UK) eine sehr erfolgreiche Formel gefunden, die in den beiden
Folgejahren kaum variiert wurde. Das führte natürlich dazu, das
sich viele dieser Hits doch sehr ähneln. Sie beginnen meist mit einem
simplen, aber eingängigen Gitarrenriff, dann kommt bei der Wiederholung
ein ziemlich cooler Bass dazu, dann beginnt Noddy Holder zu schreien,
ein Chor grölt im Refrain mit und am Ende gibt es Schüsse statt einer
Snaredrum. Meistens ist das ziemlich geil, aber dann und wann nervt es
dann doch ein bisschen. Insbesondere mein früherer Favorit Skweeze Me, Pleeze Me ist viel zu lang geraten und seine ständig wiederholten "Whao-Whaaa"-Chöre gehen einem ziemlich schnell auf den Wecker. Bei Cum On Feel the Noize fiel mir erstmals auf, dass die Rhythmusgitarre doch ziemlich schlampig gespielt ist, wohingegen Coz I Luv You mit der von Jim Lea gespielten Geige zumindest etwas etwas eigenständiger klingt. Schon toll, wie lässig und zum Teil leicht schludrig dahingerotzt so einiges klingt, und kaum vorstellbar, dass solche Musik heutzutage den Massengeschmack treffen könnte. Das ist Rockmusik wie sie sein soll: laut und scheppernd, frech und frisch. Fünf Jahre später und es hätte fast als Punk durchgehen können. Damals fiel das noch unter "Glam-Rock", ein kaum zu vermessendes Genre, dessen Gemeinsamkeit der Charterfolg zwischen 1971 und 1975 ist.
Noch interessanter sind jedoch die älteren Songs, die ich früher meist
geskipt hatte, die ich aber dennoch alle sofort auf Anhieb wiedererkannte: One Way Hotel ist die B-Seite der allerersten Slade-Single und wie Pouk Hill
Albumtrack des zweiten Slade-Longplayers "Play it loud" (1970). Beide
sind jedoch gar nicht mal so laut, sondern eher verhalten, kommen dafür
aber harmonisch sehr variabel rüber und sind mehr als nur willkommene
Abwechslung zwischen all den Krachern. Insbesondere Pouk Hill mit seinem dominierenden Bass und der Fingerpicking-Gitarre ist ab sofort mein Slade-Favorit.
Natürlich sind auch die drei frühen Single-A-Seiten enthalten, die es
ihrerzeit nicht in die Charts geschafft hatten und wohl deshalb auch bei
den meisten anderen Slade-Samplern fehlen: Wind Winds Are Blowin' (1969) klingt noch ziemlich amateurhaft roh und daher hier ein wenig deplaziert. Nicht viel anders der Nachfolger The Shape Of Things To Come (auch auf "Play it loud"), ein etwas missglücktes Cover aus dem damaligen Kultfilm "Wild in the streets", aber der dritte Versuch Know Who You Are
(eine weitere Auskopplung aus "Play it loud") mit seinem für die Zeit
typischen Boogie-Rhythmus und dem agressiven Gesang ist bereits ein
tolles Stück; es war vielleicht noch ein wenig zu dynamisch, um damals
erfolgreich zu sein.
Letzter Non-Hit-Song auf "Sladest" ist Look At Last Nite, ein
eher unspektakulärer Album-Track ihres dritten Albums "Slayed?" (1972),
das gleichzeitig auch ihr erstes Nr.1-Album war. Hier greift bereits die
Hit-Formel und der Song nervt gleich etwas mit seinen ausgedehnten
"Nanana"-Chören.
Erwähnenswert sind auch die beiden übrigen Bonustracks Hear me calling
(das Ten Years After-Cover, das damals Opener der meisten Slade-Gigs
war, hier jedoch in der lang verschollenen Studiofassung, leider von
einem schlechten Acetat überspielt) und Kill 'Em At The Hot Club Tonite, der B-Seite von Skweeze me...
- letzteres fällt so ziemlich komplett aus dem Rahmen, denn es ist eine
gelungene Parodie auf den traditionellen Jazz der Vorkriegsjahre.
Schade nur, dass man die Bonustracks nicht um weitere Single-A- und -B-Seiten erweitert hat. Merry Xmas Everybody und Everyday
(beide ebenfalls 1973er Singles) hätten das erfolgreichste Jahr der
Slade-History abgerundet. So ist man dann doch auf andere Sampler wie
"Wall of Hits" angewiesen, von dem immerhin die Hälfte der 20 Tracks allerdings
bereits auf "Sladest" enthalten sind.
Der Sound des Remasters ist (abgesehen vom Bonus Hear me calling) OK, sicher nicht überragend - die Schwächen der Originalmasters (Bandrauschen, Verzerrungen) lassen sich kaum kaschieren - aber die Balance stimmt.
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