Montag, 11. Dezember 2017

GENESIS - It's Yourself (Single-B-Seite, 1976)

It's Yourself war den meisten deutschen Genesis-Fans erstmals 1977 als B-Seite der Single Your Own Special Way aufgefallen. Die Erstveröffentlichung geschah jedoch bereits ein Jahr früher auf der B-Seite der hierzulande nicht erschienenen italienischen Ripples-Single. Aufgenommen während der Sessions zum "A Trick Of The Tail"-Album im Herbst des Jahres 1975 hätte es nicht nur nach der Meinung vieler Fans gut zum Rest des Albums gepasst. Tatsächlich hatte Nick Davis, Toningenieur der 2007er Stereo- und 5.1 Surround-Remixe, im offiziellen Genesis-Forum erwähnt, dass während der Remix-Arbeiten kurzzeitig erwogen wurde, It's Yourself wieder in die Album-Trackliste aufzunehmen, quasi als Einleitung zu Los Endos, mit dem es einige Sekunden Audio gemein hat (siehe unten), doch dazu kam es dann doch nicht.

Da It's Yourself schließlich auf der Extra-Disc der besagten Box in einer 6:15 min langen Remix-Version zu finden ist und das Stück bei seiner digitalen Erstveröffentlichung im 3CD-Box-Set "Genesis Archive 2: 1976–1992" (2000) nur in einer kürzeren 5:26 min-Version erschien, ist die 5:44 lange Originalversion der beiden Vinyl-Singles bis heute nicht wiederveröffentlicht worden, weder digital noch analog (hier kann man sie sich jedoch anhören).

Den Grund dafür nannte Davis ebenfalls: Das Vinyl-Ende von It's Yourself besteht aus einer einsamen Keyboard-Solo-Figur, die sich bereits ein paar Takte vor dem Ende des Musikbetts aus diesem herausschält. Zum Schluss ist sie allein zu hören und endet schließlich in den bekannten fünf Tönen des Themas von Mad Man Moon. In den Archiven fand sich jedoch nur ein Stereomaster, bei dem eben dieses Ende leider fehlte. Warum dies so war, darüber konnte nur spekuliert werden. Wahrscheinlich hatte man seinerzeit die Mad Man Moon-Melodie dem bereits fertigen Stereomaster hinzugemischt - was erklären würde, warum diese auch auf den Mehrspur-Mastertapes, die später für die 2007er Remixe verwendet wurden, nicht zu finden war. Dafür fand sich auf letzteren der lang vermisste erste Refrain und die zweite Strophe, die für die Singlefassung seinerzeit herausgeschnitten worden waren (und die eingefleischten Fans nur von einigen Bootlegs mit "Trick"-Outtakes bekannt waren).

Was nun die Gemeinsamkeiten mit Los Endos angeht - beide Songs wurden voneinander getrennt aufgenommen, denn nur die ersten 45 Sekunden von Los Endos sind identisch mit einem Ausschnitt aus der Mitte von It's Yourself. "Identisch" ist hier wörtlich gemeint - diese 45 Sekunden sind nicht einfach nur ähnlich; es handelt sich eindeutig um dieselbe Aufnahme. Diesen Ausschnitt von 2:30 bis 3:15 min (Timing von der Archive #2-Version) hat man als Intro von Los Endos sozusagen zweitverwertet.
Die eigentliche Aufnahme von Los Endos beginnt auf den Multitracks mit dem Einsatz von Drums und Bassgitarre. Erst nach der Stereo-Abmischung hat man den besagten 45-Sekunden-Ausschnitt von It's Yourself als Intro zugemischt (eigentlich waren es sogar 50 Sekunden, denn weitere 5 Sekunden kann man unter Drums und Bass noch hören, bis das eigentliche Thema von Los Endos einsetzt).

Hier hat sich jemand die Mühe gemacht, die beiden Stücke miteinander zu verbinden - vermutlich so, wie Nick Davis es damals geplant hatte. Man kommt nicht umhin, festzustellen, dass das wohl gut funktioniert hätte.

It's Yourself ist ein typisches Kleinod aus den frühen Genesis-Tagen. Es entstammt der Zeit, in der auch Meisterwerke wie "The lamb lies down on Broadway" entstanden und reiht sich nahtlos in die Reihe der höchst kreativ-progressiven Stücke aus dieser Zeit ein. Tatsächlich finden sich erste, rein instrumentale Ansätze dieses Stücks bereits auf den geleakten Übungs-Sessions aus Headley Grange im Sommer/Herbst 1974 - es gibt dort in der Tat eine nicht komplett unähnliche, rein instrumentale Idee, bestehend aus dem 12-string-Arpeggio und einem improvisierten Keyboardsolo darüber. Die zugrunde liegenden Akkorde haben jedoch nicht viel mit dem späteren fertigen Song gemein, daher halte ich es für etwas gewagt, im Tracklisting der Sessions bereits den späteren Titel zu nennen (zumal der anfängliche Arbeitstitel - gemäß den Angaben der diversen "Trick"-Outtake-Bootlegs - ja Beloved Summer war). Man kann sich aber durchaus vorstellen, dass diese Idee ein Jahr später wieder aufgegriffen und fertig ausgearbeitet wurde.
Der Sänger-Wechsel von Gabriel zu Collins gelang damals nahezu spur- und mühelos und war keinesfalls eine stilistische Zäsur für die Band. Diese gab es erst mit dem Ausstieg von Steve Hackett 1977, der auch bei It's Yourself die Fäden mit vielschichtigen Ambient-Gitarren-Sounds im Hintergrund zieht. Schade, dass es am Ende jetzt zweimal nicht für das "Trick"-Album gereicht hat.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen