"THE PIPER AT THE GATES OF DAWN" - sicherlich hat dieses Album mehr Substanz als die drei Nachfolgealben, wo die Band
die Kurve ohne Syd Barrett noch nicht so recht hinbekommen hatte und die
eigenen Ideen noch etwas klemmten und mangels Masse zum Teil breit
ausgewalzt wurden. Ich habe mich gerade in den letzten Tagen durch "A
SAUCERFUL OF SECRETS", "MORE" und "UMMAGUMMA" durchgehört - und kann
diesen Alben heute deutlich weniger abgewinnen als früher. Über weite
Strecken findet hier, besonders bei den Longtracks, unispiriertes,
repetitives Gedudel statt. Besonders schlimm: die Orgelimprovisationen
über weitgehend statischen Klangteppichen ohne Harmoniewechsel und mit
zum Teil völlig frei laufenden Krach-Collagen, denen man mit Recht das
Label "psychedelisch" aufkleben kann, aber heute nur noch so klingen,
als seien die Musiker völlig zugedröhnt gewesen.
Insbesondere für das hochgelobte "Ummagumma" lautet mein Fazit: über weite Strecken grauenhaft.
Den Live-Teil kann man noch halbwegs ertragen, wenngleich die Songs
viel zu lang ausgewalzt sind, aber was die Kollegen da einzeln
verbrechen, ist mitunter schon schlimm. So sehr ich mich bemüht habe,
die meisten Stücke konnte ich nicht bis zum Ende durchhören. Sysiphus
fängt ja ganz nett an, aber dann spielt Wright offenbar Piano mit den
Ellenbogen. Waters Beitrag ist erstaunlich belanglos und Gilmour kriegt
es irgendwie nicht hin - ein paar gute Ideen, aber nichts passt wirklich
zusammen. Am Schluss nervt dann Mason. Sorry, aber das ist
verschwurbelter und ziemlich breitgetretener Quark.
"Piper" war da ein schöner Gegensatz mit seinen ausgefeilten
Songstrukturen voller bizarrer und genialer Einfälle, dazu zähle ich
auch die frühen Singles. In seiner Innovationskraft ist es m. E.
durchaus mit "Sgt. Pepper" vergleichbar; es wurde ja zur selben Zeit wie
dieses aufgenommen (und vielleicht nicht zufällig ebenfalls in den
Abbey Road Studios) und nur zwei Monate später veröffentlicht, was
übrigens auch ein Beleg dafür ist, dass die Beatles damals auch nur den
"Zeitgeist" aufgegriffen haben und sich dazu offenbar Anregungen aus dem
sog. "Underground", zu dem PF damals gehörten, geholt hatten. Pink
Floyd waren ja durchaus schon einige Zeit vor ihrem Debutalbum aktiv und
hatten sich in der Londoner Szene einen Namen gemacht.
"Piper" hat halt nur mit den späteren Floyd nicht viel zu tun, vielleicht hat es das Album in der Wahrnehmung der Spätgeborenen deshalb schwerer.
A propos späte Pink Floyd: Heute morgen habe ich dann doch noch einmal "THE FINAL CUT" gehört. Es war nicht ganz so
schlimm, wie ich es in Erinnerung hatte (nur einmal gehört vor 29
Jahren) - es ist von wenigen Momenten abgesehen eigentlich nur
langweilig und Roger Waters sollte seine elaborierten Texte nicht selbst
singen, das scheint jedenfalls das zu sein, was er noch weniger kann
als spannende Songs zu schreiben. Alles was auf "The Wall" nervt, ist hier wiederzufinden. Leider
aber auch kaum etwas von dem, was auf "The Wall" gut ist. Das Album war allerdings problemlos
durchhörbar. Gut ist es deswegen trotzdem nicht.
Und schließlich "A MOMENTARY LAPSE OF REASON" - diesem Album wird ja von vielen Fans glatt die Existenzberechtigung abgesprochen - soo schlecht ist es aber doch nun
wirklich nicht! - Da gibt es ein paar schöne Momente. Learning to fly ist eine ganz nette Single, On the turning away eine typische Floyd-Ballade mit einem feinen Gitarrensolo und One Slip
fand ich immer schon einen tollen Song, der auch auf jedem anderen
Album ein Höhepunkt wäre. Heute morgen in der Bahn aber fiel mir positiv
das Instrumental Terminal Frost auf - das ist richtig klasse,
hat ein paar unerwartete Harmoniewechsel, schöne Soli (Gitarre und Sax)
und ist ein weiterer Höhepunkt des Albums. Gut, The Dogs Of War ist furchtbar, damit wollte Gilmour wohl Waters Abwesenheit kompensieren...
Sicher ist das Album kein Klassiker aber ich sag mal, doch sicher besser als "More", "Ummagumma" und "The Final Cut"!
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