Mittwoch, 25. Januar 2012

PINK FLOYD - Atom Heart Mother (1970)

Habe jetzt "Atom Heart Mother" (2011 Remaster) überstanden und in zwei Etappen gehört. Dabei war aus Versehen der Shuffle-Knopf im iPhone gedrückt, so dass ich die Songs der zweiten LP-Seite nicht in der korrekten Reihenfolge gehört habe, was die nachträgliche Zuordnung meiner Eindrücke etwas erschwert, aber egal. Begonnen hat das aber mit der berüchtigten Atom Heart Mother Suite - die ich als "interessant" charakterisieren würde, ohne dass das jetzt ein Euphemismus sein soll. Sie haben hier definitiv was gewagt und Neuland beschritten, auch wenn das Experiment mit Bläsern und einem klassisch ausgebildeten Chor wohl als weitgehend gescheitert angesehen wird. Ich fand es weitgehend OK, wobei es mir im Mittelteil natürlich etwas zu kakophonisch zuging,  der "Text" des Chorgesangs jedoch mehrfach spontane Heiterkeit bereitet hatte: "Ssa ssa ssa ssa whsss - rrrrrrrr ho di rabatika gogotschaaah ... Wasserkuh, Wasserkuh - ruckuku ruckuku" - das hat schon viel Schönes.
Von den ziemlich sinnfreien Experimenten (wohl zuviel Stockhausen gehört die Jungs) mal abgesehen ist das Stück aber harmlos, durchaus anhörbar, schafft es aber nicht annähernd, eine vergleichbar magische Athmosphäre zu erzeugen wie ein Jahr später das ebenfalls LP-Seiten-füllende Echoes. Vielleicht sind es auch die Bläser, die über weite Strecken dann doch zu konventionell arrangiert sind und bei denen man oft das Gefühl hat, dass ihre Melodielinien, von einer Hammond oder einem Mellotron gespielt, vielleicht besser gekommen wären.

Die B-Seite des Albums ist auf jeden Fall zugänglicher. If - so etwas wie die Blaupause einer klassischen Roger-Waters-Ballade: nett aber etwas spannungslos. Summer '68 dann eine überraschend kurzweilige Einlage von Rick Wright - hier sind die Bläser besser passend eingesetzt. Fat Old Sun beginnt dann -für mich überraschend, denn das war mir bisher gar nicht aufgefallen- mit dem gleichen Glockengebimmel wie 24 Jahre später High Hopes - es ist nicht ganz identisch, ich habe aber nachhören müssen, um mich zu vergewissern. Ansonsten ist der Song, der am ehesten schon in Richtung "Meddle" geht, der vielleicht erste richtig gute Gilmour-Song, auch wenn ausgerechnet hier das Gitarrensolo an Ende klingt, als hätte es ein Anfänger gespielt. Schon seltsam, dennoch mein Favorit auf diesem Album. Mit Alan's Psychedelic Breakfast, einem weiteren Longtrack, wird man allerdings wieder ein wenig zu "Ummagumma" zurückgeworfen. Nach den lustigen Frühstücksgeräuschen zu Beginn ertönt mehrstimmiges pentatonisches Gedudel, dann schlürft Alan (etwas zu übertrieben) Tee, macht den Herd an und dazu erklingen akustische Gitarren, später die Pedal-Steel, offenbar Gilmours Beitrag. Plätschert etwas vor sich hin - am Ende hören wir passend dazu das Spiegelei brutzeln. Klingt lecker. Die letzten vier Minuten gehören dann der Band, die sich im Midtempo durch ein gefälliges, aber höhepunktloses Instrumental spielt - zum Schluss macht Alan dann den Abwasch und das Album ist zuende.

Es fehlen zu einem guten Floyd-Album ein wenig die großen Kompositionen und mit der Titel-Suite hat man sich ein wenig verzettelt, aber so ist es ein schönes Übergangsalbum, das gut in die Zeit passt. 1970 war ohnehin ein Jahr der Veränderungen, schon weil sich die Beatles endgültig auflösten und so Platz machten für einen Haufen neuer Bands, die alle ungefähr gleichzeitig aus den Startlöchern kamen. "Atom Heart Mother" ist sicher besser als sein Ruf und sicher ist nicht alles darauf "pretty horrible" (David Gilmour in der Nachbetrachtung).