Habe jetzt "Atom Heart Mother" (2011 Remaster)
überstanden und in zwei Etappen gehört. Dabei war aus Versehen der
Shuffle-Knopf im iPhone gedrückt, so dass ich die Songs der zweiten
LP-Seite nicht in der korrekten Reihenfolge gehört habe, was die
nachträgliche Zuordnung meiner Eindrücke etwas erschwert, aber egal. Begonnen hat
das aber mit der berüchtigten Atom Heart Mother Suite - die ich
als "interessant" charakterisieren würde, ohne dass das jetzt ein
Euphemismus sein soll. Sie haben hier definitiv was gewagt und Neuland
beschritten, auch wenn das Experiment mit Bläsern und einem klassisch
ausgebildeten Chor wohl als weitgehend gescheitert angesehen wird. Ich
fand es weitgehend OK, wobei es mir im Mittelteil natürlich etwas zu
kakophonisch zuging, der "Text" des Chorgesangs jedoch mehrfach spontane
Heiterkeit bereitet hatte: "Ssa ssa ssa ssa whsss - rrrrrrrr ho di
rabatika gogotschaaah ... Wasserkuh, Wasserkuh - ruckuku ruckuku" - das
hat schon viel Schönes.
Von den ziemlich sinnfreien Experimenten (wohl zuviel Stockhausen gehört
die Jungs) mal abgesehen ist das Stück aber harmlos, durchaus anhörbar,
schafft es aber nicht annähernd, eine vergleichbar magische Athmosphäre
zu erzeugen wie ein Jahr später das ebenfalls LP-Seiten-füllende Echoes.
Vielleicht sind es auch die Bläser, die über weite Strecken dann doch
zu konventionell arrangiert sind und bei denen man oft das Gefühl hat,
dass ihre Melodielinien, von einer Hammond oder einem Mellotron
gespielt, vielleicht besser gekommen wären.
Die B-Seite des Albums ist auf jeden Fall zugänglicher. If - so etwas wie die Blaupause einer klassischen Roger-Waters-Ballade: nett aber etwas spannungslos. Summer '68 dann eine überraschend kurzweilige Einlage von Rick Wright - hier sind die Bläser besser passend eingesetzt. Fat Old Sun
beginnt dann -für mich überraschend, denn das war mir bisher gar nicht
aufgefallen- mit dem gleichen Glockengebimmel wie 24 Jahre später High Hopes
- es ist nicht ganz identisch, ich habe aber nachhören müssen, um mich
zu vergewissern. Ansonsten ist der Song, der am ehesten schon in
Richtung "Meddle" geht, der vielleicht erste richtig gute Gilmour-Song,
auch wenn ausgerechnet hier das Gitarrensolo an Ende klingt, als hätte
es ein Anfänger gespielt. Schon seltsam, dennoch mein Favorit auf diesem
Album. Mit Alan's Psychedelic Breakfast, einem weiteren
Longtrack, wird man allerdings wieder ein wenig zu "Ummagumma"
zurückgeworfen. Nach den lustigen Frühstücksgeräuschen zu Beginn ertönt
mehrstimmiges pentatonisches Gedudel, dann schlürft Alan (etwas zu
übertrieben) Tee, macht den Herd an und dazu erklingen akustische
Gitarren, später die Pedal-Steel, offenbar Gilmours Beitrag. Plätschert
etwas vor sich hin - am Ende hören wir passend dazu das Spiegelei
brutzeln. Klingt lecker. Die letzten vier Minuten gehören dann der Band,
die sich im Midtempo durch ein gefälliges, aber höhepunktloses
Instrumental spielt - zum Schluss macht Alan dann den Abwasch und das
Album ist zuende.
Es fehlen zu einem guten Floyd-Album ein wenig die großen Kompositionen
und mit der Titel-Suite hat man sich ein wenig verzettelt, aber so ist
es ein schönes Übergangsalbum, das gut in die Zeit passt. 1970 war
ohnehin ein Jahr der Veränderungen, schon weil sich die Beatles
endgültig auflösten und so Platz machten für einen Haufen neuer Bands,
die alle ungefähr gleichzeitig aus den Startlöchern kamen. "Atom Heart Mother" ist sicher besser als
sein Ruf und sicher ist nicht alles darauf "pretty horrible" (David Gilmour in der
Nachbetrachtung).