Samstag, 21. Dezember 2013

MIRIAM MAKEBA - Miriam Makeba (1960)

Abb.: Wikipedia
Das ist tatsächlich ein fantastisches Album - das zweite Soloalbum der südafrikanischen Legende Miriam Makeba und das erste bei einem Major-Label (RCA) nach ihrer Flucht ins US-Exil. Meine Mutter hatte die LP in den 1970er Jahren von einem Freund aus Guinea ausgeliehen bekommen. Ich hatte sie ihr damals auf Cassette überspielt, die sie von da an bei jeder sich bietender Gelegenheit gehört hat - und der Rest der Familie damit auch.

Die Instrumentierung ist sehr sparsam, es wird hier und da ein wenig getrommelt, die meisten Songs sind jedoch nur mit einer tollen Jazzgitarre unterlegt, einige auch mit Kontrabass - die Musiker gehörten zu Harry Belafontes damaliger Begleitband. Von der stammt auch der männliche Backing-Chor, der Miriams klare und jederzeit präsente Stimme hervorragend kontert. Das klingt alles so lässig, humorvoll und warm; alle Stücke haben trotz gelegentlicher Dramatik und Power (der Opener The Retreat Song beginnt mit spannenden Trommelwirbeln) eine leichte lockere Grundstimmung, als habe man sie mal eben an einem sonnigen Nachmittag eingespielt. Hier finden sich neben der Originalaufnahme vom Click Song auch eine atemberaubende Version des bekannten The lion sleeps tonight, hier im südafrikanischen Original, und auch The house of the rising sun ist aufregend anders als alles was man kennt. Mein Favorit ist Iya Guduza, das letzte Stück, bei dem Miriam alle drei Stimmen singt - das erzeugt Gänsehäute!


Nach so langer Zeit eine schöne Wiederentdeckung, natürlich auch, weil es mich an meine vor zwei Jahren gestorbene Mutter erinnert. Obwohl ich die Songs jahrzehntelang nicht gehört hatte (und Miriam die meisten davon in Xhosa, der südafrikanischen Klick-Sprache singt), konnte ich immer noch alle Titel auf Anhieb mitsingen. Ein paar Mal musste ich über die englischen Texte grinsen, die ich jetzt zum ersten Mal verstand.

War nur schwer, eine vernünftige Aufnahme davon zu bekommen. Das Album selbst gibt es nirgendwo als CD, die Titel sind aber auf vielen Samplern vertreten, leider in meist grausiger Tonqualität (Verzerrungen und üble Denoising-Artefakte). Mithilfe von Test-mp3s konnte ich dann doch noch zwei CDs erwerben, die das Album komplett und in ausgezeichneter Tonqualität enthalten - einmal als Mono, einmal als Stereo-Version. Besonders letztere ist eine Offenbarung für mich, da ich bisher ja nur die crappy Cassette gewohnt war.

Montag, 7. Oktober 2013

FLEETWOOD MAC - Live in Köln 6.10.2013

Das war ein erstaunlich gutes Konzert - ich hatte mit viel weniger Enthusiasmus und Spielfreude gerechnet, aber hier hatten alle Beteiligten offenbar jede Menge Spaß und zeigten das auch - bis zur Erschöpfung. Besonders um Lindsey konnte man schon fast Angst bekommen - er war der einzige, der nie von der Bühne ging und sich enorm verausgabte; sich nach Songs wie Big Love und I'm so afraid ein paar Mal die Hand aufs Herz legte und pusten musste (was natürlich gespielt war und als Selbstironie verstanden werden sollte). Mit seinen 64 Jahren ist er der Jüngste des Quartetts, aber auch Mick Fleetwood (immerhin schon 66) gab physisch alles.

Der Sound war hervorragend, von kleineren Problemen beim Opener Second Hand News abgesehen. Wohl leider etwas zu laut, wie der Rest der Familie einwenden musste, aber mit meinen -15 dB linearen Dämpfern in den Ohren geradezu perfekt. OK, das eine oder andere Gitarrensolo hätte knapper ausfallen dürfen und die fast 10minütige Version von Gold Dust Woman war auch einen Tick zu lang, aber ansonsten gab es nichts auszusetzen. Schön auch zu erleben, wie Sad Angel, einer von zwei neuen Songs im Programm, sich nahtlos einfügte. Without You klang zwar besser als die Studioaufnahme auf der neuen EP, enttäuschte aber ein wenig, nicht zuletzt auch wohl wegen Stevie, die die Geschichte des Songs in gefühlten 10 Minuten einer langatmigen Einleitung erzählen musste. Highlight des Programms war für mich Tusk (obwohl dieser Song noch nie zu meinen Favoriten zählte) - hier passte einfach alles zusammen: Sound, Arrangement, Lightshow und die Rückprojektion. Hervorragend auch die beiden Backing-Sängerinnen Sharon Celani und Lori Nicks, die den Leadvocals die nötige Stütze zu geben schienen, so dass diese im Lauf der Show immer besser wurden.

Am Schluss gab es zwei bewegte Ansprachen - eine längere, gefühlvolle von Stevie und eine knappere, aber kaum weniger emotionale von Mick, in denen beide ihre große Dankbarkeit dem Publikum gegenüber für das, was sie seit 37 Jahren zusammen machen durften, ausdrückten. Daraus zu schließen, dass dies womöglich doch die letzte Tour dieser Formation gewesen sein könnte, erscheint trotz aller "see you next time"-Rufe im Nachhinein nicht allzu abwegig.

Samstag, 31. August 2013

EDITORS - The Weight of your Love (2013)

Diese Band kannte ich vorher nicht, aber es ist schon das vierte Album. Ich bin nicht restlos begeistert, es gibt leider zwei, drei ziemlich furchtbare Balladen auf dieser Scheibe, die schlimmste What Is This Thing Called Love mit scheußlichem Fistelgesang. Allerdings auch vier absolute Knaller, gleich die ersten drei Songs The Weight, Sugar und vor allem A Ton Of Love mit seinem hymnischen "Desire" Chorus. Und dann noch das geniale Formaldehyde, eben als neue Single ausgekoppelt.
Der Sound ist ein wenig gewöhnungsbedürftig, außer man hört eh nur Eighties-Sachen. Der Bassist ist klasse, erinnert etwas an Craig Adams, kommt auch oft gut nach vorn. Alles ist ziemlich bombastisch aufgeblasen, mit viel Hall und üppigen Arrangements, aber das funktioniert halt eben meist. Wie gesagt, nicht immer, aber dafür gibt es ja die Skip-Taste. Die Deluxe-Edition ist nicht Pflicht und die wenigen Bonustracks darauf verzichtbar.

Nachtrag: An Tom Smiths Kopfstimme kann man sich nach einiger Zeit durchaus gewöhnen und so erschließen sich dann auch die Songs, die anfangs zur Fernbedienung greifen ließen. Speziell What Is This Thing Called Love ist dann doch ein toller Song. Übrigens ist die Band live ein ziemlicher Knaller. Wer mal die Gelegenheit hatte, das Rockpalast-Konzert aus Dortmund zu sehen, wird mir da zustimmen.

Montag, 24. Juni 2013

Technobabble: Vinyl vs. CD (Wahn und Wirklichkeit) V

...ein Bekannter, Besitzer einer High-End-Anlage, versuchte mir einst zu erklären, dass der Laser bei den teuren Markenrohlingen aufgrund der Materialeigenschaften "weicher" reflektiert würde und der Klang darum wärmer sei...
Zu diesem Thema war ich ja schon am Ende von Teil IV gekommen. Diese Rohling-Geschichte ist bezeichnend dafür, wie wenig der Laie überhaupt versteht, was Digitaltechnik bedeutet und wie sie wirklich funktioniert. Natürlich klingt jeder Rohling exakt gleich - weil er nämlich überhaupt nicht klingt! Das ist das Grundmissverständnis! Der Klang entsteht erst im D/A-Wandler und der ist ja nicht Bestandteil der Disc, sondern des Players - oder sogar des AV-Verstärkers, wenn der Player mit einem Digitalkabel an diesen angeschlossen sein sollte.

Was in der Regel nicht verstanden wird, ist die Tatsache, dass Digital Audio nicht das Audiosignal selbst, sondern nur eine höchst präzise mathematische Beschreibung desselben speichert. Das hatte ich in Teil IV bereits erwähnt, wiederhole es hier aber noch einmal, weil ich im Folgenden auch erklären will, was das eigentlich bedeutet.


Toms kleiner Digitalkurs

Nehmen wir einmal ein Gemälde, das ein namhafter Künstler angefertigt hat. Um das Gemälde zu erfassen, wird zunächst ein Raster aus kleinen Quadraten darübergelegt. Dann wird die Farbe in jedem Quadrat gemessen und als Zahlenwert aufgeschrieben. Für jede Farbnuance gibt es einen anderen Zahlencode. Der Zettel mit den Zahlen wird dann einem anderen Maler in einem anderen Raum gegeben, der nun eine leere Leinwand mit identischen Abmessungen mit demselben Raster versieht und dann die Quadrate mit den Farben füllt, deren Code auf dem Zettel steht, quasi "Malen nach Zahlen". Wenn er das alles richtig macht, sieht sein Bild hinterher dem Original ziemlich ähnlich - obwohl er das Original nie gesehen hat!
Gut, dieses Bild hat er wahrscheinlich doch schon mal gesehen...
Wie ähnlich, hängt nicht vom Talent des zweiten Malers ab (oder wieviel man ihm bezahlt), sondern nur davon, wie fein das Raster ist und wieviele verschiedene Farbnuancen er aufgeschrieben bekommen hat. Macht man das Raster deutlich feiner als die feinste verwendete Pinselstrichstärke und die Farbpalette deutlich variantenreicher als die des Originalkünstlers, würde die Kopie vom Original nicht mehr zu unterscheiden sein.

Digitalfotografie funktioniert übrigens exakt nach diesem Prinzip - das Raster (die Auflösung) gibt der Sensor in Kamera oder Scanner vor und die Anzahl der für die Farbcodierung verfügbaren Bits bestimmt die Anzahl der möglichen Farbnuancen - in der Regel wird mit 8 Bit pro Farbe gespeichert, das macht 256 verschiedene Nuancen für jeweils Rot, Gelb und Blau, zusammen über 16 Millionen verschiedene Einzelfarben, die jedes Rasterfeld (das Pixel) annehmen kann.

Das ist übrigens auch der "Trick" bei der Mona Lisa oben im Bild. Die Rasterfelder in der linken und mittleren Version sind klar erkennbar, aber auch das "perfekte" Bild rechts ist ebenso gerastert (mit 200 x 150 Pixel), nur eben gerade so fein, dass es nicht erkennbar ist.

Digital Audio funktioniert ganz ähnlich, der Unterschied besteht nur in der Natur des "Gegenstands" an sich. Ein Bild ist ein statischer Eindruck auf der Netzhaut des Auges, man sieht alle Pixel gleichzeitig. Selbst ein Video ist nur eine rasche Abfolge einzelner statischer Bilder. Wenn man bei einem Video die Pause-Taste drückt, bekommt man ein Standbild, das man immer noch betrachten kann. Musik ist jedoch immer ein "zeitserieller" Eindruck. Das Gehör empfängt die schwingenden Luftdruckunterschiede in rascher zeitlicher Abfolge nacheinander. Pausiert man die Musik, bleibt da nichts mehr zum Hören, es entsteht Stille.
Dennoch lässt sich ein Audiosignal, genau wie ein Bild, digital erfassen, nur stehen die erfassten Zahlen nicht für die Farbe eines bestimmten Pixels, sondern jeweils für den Zustand des analogen Audiosignals zu einem bestimmten Zeitpunkt. Ein elektrisches Audiosignal besteht ja aus nichts anderem als einer schwachen Wechselstromspannung, deren ständig schwankende Werte natürlich jederzeit gemessen werden können. Nichts anderes passiert im Analog-Digital-Wandler.

Ein analoges Audiosignal hat im Unterschied zu einem Bild also eine zeitliche Komponente, d.h. es gibt einen Verlauf von Spannungsänderungen, der in allen Ausprägungen erfasst werden muss. Dazu werden fortlaufend aktuelle "Schnappschüsse" (sogenannte "Samples") des Kurvenverlaufs gemacht und aufgeschrieben. Das passiert in einem festgelegten zeitlichen Abstand, der sog. "Sampling-Rate". Auch hier lautet die Faustregel, je häufiger ein Sample genommen wird und je genauer der Spannungswert der Signalkurve erfasst werden kann, desto eher ähnelt die übertragene "Kopie" dem analogen Original.
Das Audiosignal für die CD-Produktion hat eine festgelegte Sampling-Rate von 44100 Hz, was nichts anderes bedeutet als dass vierundvierzigtausendeinhundertmal pro Sekunde ein "Schnappschuss" des gegenwärtigen Kurvenzustands erfasst und aufgeschrieben wird. Für jedes Sample stehen bei der CD 16 Bit zur Verfügung, damit lassen sich 65535 verschiedene Spannungswerte, ähnlich der Farbnuancen, erfassen (das Ganze natürlich doppelt, denn jede CD hat zwei Kanäle, weil Stereo der Standard ist - Mono-Signale werden daher in zwei identischen Kanälen aufgezeichnet). SACD, DVD-Audio und Blu-Ray erlauben höhere Auflösungen, mit denen die Reproduktion noch genauer erfolgen kann.

Ein digitaler Datenstrom ist unter normalen Bedingungen völlig unempfindlich gegen äußere Einflüsse - Brummeinstreuungen, Frequenzeinbußen, Kabelimpedanzen, Übergangswiderstände - das spielt alles keine Rolle, denn das Signal ist viel simpler und damit deutlich robuster als ein analoges Audiosignal, das ja das gesamte hörbare Spektrum von 20-20000 Hz enthält und entsprechend anfällig für Klangverfälschungen auf dem Übertragungsweg ist. Ein Digitalsignal kennt dagegen nur zwei Zustände (entsprechend Null und Eins) und die Übertragung erfolgt mit einer einzigen, festen Frequenz. Handelt es sich um ein elektrisches Digitalsignal, gibt es daher nur zwei verschiedene Spannungsstufen, die übertragen werden müssen: "High" und "Low". Diese können auch bei schlechten elektrischen Übertragungseigenschaften oder Störungen von außen sicher unterschieden werden. Ob die Signalflanken steil oder verschliffen sind, spielt ebenfalls keine Rolle, auch Timingprobleme werden von der Eingangsstufe des Wandlers automatisch korrigiert. Deshalb kann man auch für eine normale SPDIF-Verbindung (Digitalkabel z.B. zwischen Player und Verstärker) unbesorgt das allerbilligste Cinch-Kabel verwenden, das man finden kann. Ähnlich siehts übrigens aus bei HDMI - dort fangen die Hersteller bereits wieder an, Auflösungen und Bildwiederholraten sowie Logos wie "3D" auf die Verpackungen zu drucken. Das ist derselbe Bullshit wie immer - jedes HDMI-Kabel seit Juni 2006 ist für 3D und alle derzeit üblichen Auflösungen und Frameraten natürlich gleich gut geeignet - weil es eben Datenübertragung ist.

Der Digital-Analog-Wandler hat am Ende der Kette nun die wichtige Aufgabe, aus den ankommenden Zahlenwerten (pro Sekunde bekommt er also pro Stereokanal 44100 mal einen von 65535 möglichen Werten zugespielt) wieder ein hörbares, analoges Audiosignal zu rekonstruieren. Dazu verfügt er an seinem Ausgang über einen Wechselstromgenerator, dessen jeweilige Spannungszustände aus den übertragenen Zahlenwerten gewonnen werden und daher eine genaue Reproduktion dessen sind, was der Analog-Digital-Wandler am Anfang der Kette gemessen hat.


Die nächsten Folgen dieser Serie:
Vinyl vs. CD (Wahn und Wirklichkeit) VI
Vinyl vs. CD (Wahn und Wirklichkeit) VII
Vinyl vs. CD (Wahn und Wirklichkeit) VIII 

Die früheren Folgen:
Vinyl vs. CD (Wahn und Wirklichkeit) I
Vinyl vs. CD (Wahn und Wirklichkeit) II
Vinyl vs. CD (Wahn und Wirklichkeit) III
Vinyl vs. CD (Wahn und Wirklichkeit) IV

Sonntag, 23. Juni 2013

Technobabble: Vinyl vs. CD (Wahn und Wirklichkeit) IV

Wollen wir mal das Gesamtsystem Schallplatte betrachten:
Wie man aus dem Physikunterricht weiß, ist es prinzipiell nicht möglich, Energie von einer Form verlustfrei in eine andere zu überführen. Bei Vinyl passiert das mehrfach - und unter hohen Verlusten. Bereits beim Lackschnitt wird elektrische Energie in mechanische Energie gewandelt. Gleichzeitig wird der Frequenzgang des Audios extrem verbogen, damit das überhaupt möglich ist - die Bässe werden um 20 dB abgesenkt und die Höhen um den gleichen Betrag angehoben (20 dB entspricht Faktor 10 - die Bässe haben nur noch ein Zehntel, die Höhen das Zehnfache der ursprünglichen Lautstärke). Beim Abtasten auf dem heimischen Plattenspieler wird dann mechanische Energie wieder in elektrische Energie gewandelt. Leider ist von der ursprünglichen elektrischen Energie hier kaum noch etwas übrig, deshalb muss diese elektronisch um etwa den Faktor 1000 verstärkt werden. Ebenso muss der verbogene Frequenzgang mit einem entsprechenden Gegenfilter korrigiert werden. Analoge Filter verursachen jedoch immer Phasenverschiebungen, die sich auf die Präzision der Wiedergabe auswirken. Wie schon früher ausgeführt, kommt es beim Abspielen zu Verzerrungen, dazu kommen Störgeräusche wie Rillenrauschen und Knackser durch statische Aufladung und Staub. Auch das sind Veränderungen des Originalsignals.

Das Gesamtsystem Schallplatte verursacht also an mehreren Stellen mehr oder weniger starke Veränderungen am Audiosignal. Eine 1:1 Reproduktion des Studiomasters ist damit unmöglich, egal mit welcher Anlage. Dagegen verändert der Laserstrahl bei der CD-Abtastung das Audiosignal nicht, da er nicht das Audiosignal selbst abtastet, sondern stattdessen nur eine höchst präzise mathematische Beschreibung des Audiosignals, die auf der Disc in Form von winzigkleinen Buckeln und dazwischenliegenden Vertiefungen als Nullen und Einsen gespeichert ist.

Um das an dieser Stelle ganz deutlich zu sagen: anders als eine Vinyl-Schallplatte handelt es sich bei einer CD nicht um einen Tonträger, sondern um einen reinen Datenträger!

Der große Vorteil der Digitaltechnik ist daher, dass sich der Datenstrom aus lauter aneinander gereihten Nullen und Einsen, die der Analog-Digital-Wandler im Tonstudio erzeugt hat, völlig verlustfrei speichern, transportieren und vervielfältigen lässt. Denn erst im Abspielgerät des Kunden erzeugt ein Digital-Analog-Wandler daraus wieder ein hörbares Audiosignal. Alles was zwischen den beiden Wandlern stattfindet, ist für den Wohlklang völlig irrelevant - es kann nichts verändert werden - jedenfalls nicht unbeabsichtigt!

Die Fehlerkorrektur, die bei jeder Speicherung von Daten erforderlich ist, gleicht nur den Nachteil des jeweiligen Speichermediums aus. Bei optischen Datenträgern ist es natürlich erforderlich, dass Staub, Kratzer und Fingerabdrücke auf den Discs keine Störungen verursachen. Dazu bedient man sich mehrerer Tricks, zum Beispiel Prüfsummen. Auch werden Daten immer zu einem gewissen Anteil redundant gespeichert - wenn einzelne Bits (Nullen oder Einsen) nicht lesbar sein sollten, lässt sich der verlorene Wert so zweifelsfrei rekonstruieren. Auch das geschieht also verlustfrei - es sei denn eine Disc wäre zu stark verschmutzt oder verkratzt.

Eine Digitalaufnahme kommt in jedem Fall dem am Nächsten, was der Toningenieur, der Künstler, die Band, der Produzent entschieden hat - wie oben beschrieben, der A/D-Wandler steht im Tonstudio, der D/A-Wandler steht beim Hörer im Wohnzimmer. Mehr Klangtreue gäbe es nur noch, wenn der Hörer seinen gemütlichen Sessel direkt im Studio aufstellen könnte.

Der persönliche Geschmack spielt bei der Klangtreue keine Rolle - das darf er auch gar nicht!
Kein Mensch hört alle Frequenzen gleichermaßen gut - das menschliche Gehör ist vielmehr optimiert, Sprache zu verstehen, daher ist es im Bereich des menschlichen Stimmumfangs am Empfindlichsten (tatsächlich liegt Babygeschrei exakt auf der allerempfindlichsten Frequenz - evolutionsbedingt ein nachvollziehbarer Vorteil). Bässe und Höhen sind dagegen deutlich weniger empfindlich.

Für die Klangtreue ist es jedoch immens wichtig, dass die Kennlinien der Aufnahme- und Wiedergabegeräte in der gesamten Kette keine Frequenzen bevorzugen oder benachteiligen, denn nur dann bleibt das Klangerlebnis für den Hörer wirklich neutral. In der Analogtechnik war dies früher ein Zustand, der nur mit teurem Equipment und selbst damit nur annäherungsweise erreichbar war. Das führte zu mehr oder weniger großen Klang-Verfärbungen. Gute Wandler für die Digitaltechnik sind heutzutage jedoch billig und sie haben stets einen schnurgeraden Frequenzgang, sind daher völlig neutral.

Als "audiophil" bezeichnete sich zu Analogzeiten ein Liebhaber möglichst großer Klangtreue, der daher gleichzeitig auch bereit war, große Summen für sein Equipment auszugeben, auch wenn das nicht immer eine Verbesserung bedeutet hat. "Audiophile" haben leider immer wieder wahnhafte Ideen entwickelt, wie sich Wohlklang angeblich noch weiter steigern lässt, und so auch viel Geld für absoluten Humbug ausgegeben, beispielsweise für fingerdicke Lautsprecherkabel mit vergoldeten Anschlüssen. Gesteuert und gefördert wurde dieses Verhalten von den Audio- und Hifimagazinen, an deren Kompetenz es lange keinen Zweifel gegeben hatte, die jedoch mit dem Aufkommen der Digitaltechnik und der daraus resultierenden Erkenntnis, dass hervorragender Klang plötzlich auch mit einem Bruchteil des bisher eingesetzten Gelds möglich war, Einbußen im Anzeigengeschäft befürchteten und daher viele der erwähnten Wahnideen selbst entwickelten - wie etwa der berühmte Filzstift, mit dem man ernsthaft CDs am Rand bemalen sollte. Oder es wurden gebrannte CD-Rohlinge auf Klangunterschiede getestet - die dann natürlich auch angeblich festgestellt wurden und natürlich waren die teuren Markenrohlinge die bestklingenden. Da Musik heute oft auf USB-Sticks transportiert wird, würde es mich nicht wundern, wenn es da inzwischen auch schon entsprechende Vergleichstests gegeben hätte.

Hifi-Anlagen sind verglichen mit der Anfangszeit der Stereotechnik inzwischen völlig ausgereift und daher gibt es auch nur noch wenig Schwankungen in der Qualität. Preisunterschiede enstehen hauptsächlich durch die Anzahl der Anschlüsse und der eingebauten Features. Sicherlich lässt sich auch der Sound beeinflussen, aber das geht nicht mehr so unkompliziert wie früher mittels Bass-, Mitten- und Höhenregler, ohne die Verstärker in der Analogzeit nicht auskamen. Moderne A/V-Receiver lassen diese Möglichkeiten und noch viele mehr jedoch durchaus zu - schlechte Basswiedergabe eines Lautsprechers kann man also nach wie vor kompensieren. War das früher jedoch Geschmacksache, werden heutige A/V-Receiver meist mit einem Messmikrofon geliefert, das am Hörplatz aufgestellt wird und die Kompensation macht der Receiver dann automatisch gemäß der ermittelten Kennlinie. Was nicht heißt, dass man nicht der Meinung sein darf, mehr Bässe wären toll - nur hat man dann keine neutral eingestellte Anlage mehr, sobald man die einmal aufgedreht hat.


Die nächsten Folgen dieser Serie:
Vinyl vs. CD (Wahn und Wirklichkeit) V
Vinyl vs. CD (Wahn und Wirklichkeit) VI
Vinyl vs. CD (Wahn und Wirklichkeit) VII
Vinyl vs. CD (Wahn und Wirklichkeit) VIII 

Die früheren Folgen:
Vinyl vs. CD (Wahn und Wirklichkeit) I
Vinyl vs. CD (Wahn und Wirklichkeit) II
Vinyl vs. CD (Wahn und Wirklichkeit) III

Donnerstag, 20. Juni 2013

Technobabble: Vinyl vs. CD (Wahn und Wirklichkeit) III

"So wird's gemacht" - hier war ursprünglich ein interessanter Doku-Clip des Senders DMAX mit diesem Titel über die Vorgänge in einem Vinyl-Presswerk verlinkt. Leider nicht mehr online.
Dieser Clip war richtig gut - man konnte sehr schön sehen, wie steinalt die Maschinen sind, die da von einem Haufen von Menschen praktisch in Handarbeit bedient werden.

Was man aber auch sehen konnte: Für den Schneidvorgang wird nicht etwa ein analoges Tonband, sondern ein stinknormales digitales Audiofile als Master benutzt - das ebenso Spitzenwert-komprimiert ist wie bei der CD, allerdings haben sie zusätzlich noch einen EQ drin, der die Höhen ab 16 kHz mit 12 dB/Oktave abschneidet!
Hatte zum Glück ein paar Screenshots gemacht, auf denen man das sehr schön sehen kann:

Alles analog, na klar...

Bei der CD geht's rauf bis 20 kHz - nicht so bei Vinyl!
Da geht's ab 16 kHz mit 12 dB/Oktave steil abwärts!

Nicht gedacht hätte ich auch, dass die gesamte Fertigung nicht einmal annähernd unter Reinraumbedingungen geschieht! - Da läuft niemand mit Schutzkleidung oder Kopfhaube herum - die Schneidevorrichtung hat ebenfalls keine Staubschutzhaube und der Behälter mit dem Vinylgranulat hat natürlich keinen Deckel!
Wahrscheinlich deshalb braucht es jemanden wie in diesem Clip der Deutschen Welle zu sehen, der den Staub aus dem galvanisierten Master per Hand wieder rausmeißelt! - Technik, die begeistert!


Fazit: Meine optimistische Grundannahme, dass die Vinylproduzenten echte Analogfreaks sind, die einen radikalen und puristischen Ansatz haben, ist damit leider geschreddert. - Hier werden ganz normale Digitalproduktionen hergenommen und quasi "zweitverwertet" - möglicherweise erzielbare Zugewinne an Dynamik durch Verwendung eines nicht Spitzenwert-begrenzten Audios oder sogar durch ein analoges Mastertape interessieren hier offenbar niemanden. - Würde ja auch deutlich mehr Aufwand sein und Geld kosten.
Stattdessen nimmt man einfach eine CD und kopiert die auf Vinyl - und damit es "wärmer" klingt, werden noch die Höhen abgesenkt. So einfach ist das. Da kann der Vinylkäufer sich schön einbilden, ein mit großer Sorgfalt hergestelltes Analogprodukt erworben zu haben - in Wahrheit bekommt er nichts anderes als eine billige CD-Kopie auf einem minderwertigeren Tonträger.

Mein einmal scherzhaft gemeinter Vorschlag, doch einfach die CDs herzunehmen und sie durch das kostenlose Audio-Plugin von Izotope: "Vinyl" mit den nötigen Klicks und Verzerrungen zu versehen, wenn man schon auf die Lagerfeuerromantik nicht verzichten will, bekommt hier eine neue Dimension - denn genau das macht das Presswerk, nur nimmt es kein Plugin dazu, sondern ein Stück Plastik. Das Ergebnis ist in der Tat dasselbe (nur ist es natürlich nicht kostenlos)!


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Donnerstag, 6. Juni 2013

ICEHOUSE - Primitive Man (1982/2012)

Dieses Album hatte ich beim Erscheinen 1982 gekauft und fand es ziemlich klasse - nicht nur die beiden Hitsingles Street Café und Hey Little Girl, sondern vor allem den genialen Song Great Southern Land. Damals gab es eine kurze Zeit, in der plötzlich australische Bands ziemlich in waren, neben Icehouse hatten auch Bands wie Midnight Oil, Real Life und Goanna einige Hits.

Auf CD gab es "Primitive Man", das zweite Icehouse-Album, das Iva Davies praktisch im Alleingang eingespielt hat, und das ich vor allem wegen des genialen Linn-Drumcomputers geil fand, bislang jedoch immer nur als sündhaft teuer - jetzt gibt es endlich ein bezahlbares Remaster ("30th Anniversary") und eine DVD mit Fernsehauftritten (Top of the Pops etc.) und einem Konzertausschnitt live in Germany ist auch dabei. Verpackung ist klasse (Dreifach-Papersleeve im Pappkarton-Look mit ausführlichem Booklet, vielen Fotos und Linernotes von Iva Davies himself). Die CD enthält B-Seiten, 12"-Versionen und der (ziemlich verschiedene) Single-Mix von Street Café ist auch drauf. Die Songreihenfolge ist anders als bei meiner LP, aber vermutlich war die damals für den deutschen Markt verändert.

Kleine Anekdote am Rande: Damals, als Street Café in Deutschland ein Hit war, traf ich auf einer Party einen Australier, der, wie es sich herausstellte, mit Iva Davies in derselben Schulklasse gewesen war. Zufälle gibt's...

Donnerstag, 16. Mai 2013

STEVEN WILSON - The raven that refused to sing (and other stories) (2013)

Vielleicht ist es noch zu früh, nach eindreiviertel Durchläufen des Albums schon meine Eindrücke aufzuschreiben, aber ich versuche es trotzdem mal. Muss vorausschicken, ich habe mir die CD+DVD-Version besorgt, weil ich die Verpackung der BluRay einfach mies finde. Das ist die übliche blau-transparente Plastikschachtel mit der billigen Folie außendrum, in der ein simples, einseitig bedrucktes Blatt liegt. Passt nicht im Entferntesten zum Artwork des Albums. Es soll zudem auch nur ein achtseitiges Faltbooklet enthalten sein statt des 40seitigen Booklets der Digipak-Deluxe-Ausgabe. DTS 24/96 ist ohnehin genauso gut wie Master HD von der BluRay und ob ich die Instrumentalversionen der einzelnen Songs brauche, weiß ich noch nicht. Ohnehin ließen sie sich nicht an einem Stück hören, was ich recht ärgerlich fände.
Grafisch finde ich die Vepackung der mir vorliegenden Ausgabe schon mal hervorragend. Illustrationen und die spärlich eingesetzte Typografie harmonieren geschmackvoll und bereits jetzt ist festzustellen, dass es sehr gut zur Musk passt.

Die Musik, ach ja:

Luminol ist jetzt nach dem vierten Durchlauf schon fast "gewohnt" (die ersten zwei Male hab ich die Stereoversion des "VISIONS"-Samplers gehört). Und es ist schon seltsam: hat man anfangs noch das Gefühl, nicht zu verstehen, was die einzelnen Passagen miteinander zu tun haben, verschwindet das nach mehreren Durchläufen und das große Ganze wird sichtbar. Der Surroundmix fächert das Klangbild sehr schön auf und die anfangs recht lang und anstrengend erscheinenden 12 Minuten erscheinen plötzlich leichtgewichtiger. Nick Beggs tritt ein paar Mal deutlich hervor und auch bei Theo Travis' Tröten hätte es gut auch eine Nummer kleiner getan. Gefällig sind dagegen die jederzeit vertraut klingen Mellotron-Flöten, die spontan an Moody-Blues-Paradestücke erinnern. Etwas weniger Sologedudel und das Stück wäre richtig gut.

Drive Home
kommt dagegen fast schon poppig herüber, erinnert an Blackfield-Glanzzeiten oder Lazarus. Pink Floyd schimmert hier sehr stark durch, auch weil eine Slide-Gitarre zu hören ist. Dazu ein feines Orchester, alles schön ausbalanciert und auf Schönklang optimiert. Leider drehen Sologitarre und Drums gegen Ende hin etwas durch, aber nur kurz. Melodisch hätte es hier ruhig ein wenig mehr sein dürfen.

The Holy Drinker fängt ohne erkennbare Struktur an, alle Instrumente scheinen munter drauflos zu improvisieren, nur gehalten von einem kurzen, sich regelmäßig wiederholenden Unisono-Riff. Nach einer kurzen Zäsur beginnt dann der Gesangspart, der recht spannend klingt, allerdings nach kurzer Zeit schon erkennen lässt, dass es hier ebenfalls keine richtige Melodie gibt. Jetzt fängt langsam der Drummer an zu nerven, dessen Ziel es offenbar ist, keinen einzigen Groove zuzulassen. Immer wenn man denkt, jetzt geht es aber mal ab, schiebt er einen schaut-mal-wie-toll-ich-bin Absurdbreak ein, der den Rhythmus schreddert und wenig Wohlbehagen zulässt. Ich muss gestehen, ich habe ein Problem mit Freejazz und mich nervt das Gedudel schnell. Zum Glück dauert es hier nicht immer allzu lang und wird durch eingeschobene, durchaus interessante Passagen unterbrochen. Eine zweite Gesangspassage, extrem ruhig, wird abgelöst von krachenden, Metal-mäßigen Gitarrentönen, auf die wiederum ein Mellotron-Chor ertönt. Mit leisem Wolfsgeheul klingt das Stück aus.

The Pin Drop erinnert stark an Pink Floyds Animal-Album, leider singt Wilson hier anfangs in einer Tonlage, für die seine Stimme definitiv nicht gemacht ist. Später gibt sich das zum Glück und sorgt für den vielleicht stärksten Moment auf diesem Album. Seine anhaltende Melodieschwäche scheint er im Mittelteil mit einer Art Kinderlied-Anleihe kompensieren zu wollen, das hilft ihm aber auch nicht viel weiter. Dennoch ein ganz starker Song.

Bei The Watchmaker war ich gestern abend beim ersten Hören tatsächlich eingeschlafen, obwohl es erst kurz nach halb elf war, wo ich eigentlich noch hellwach zu sein pflege. Die bereits viel geäußerten Genesis-Zitate waren mir jedoch gestern bereits aufgefallen - der Song klingt anfangs wie eine Mischung aus Supper's Ready und Cinema Show. Hab ich keine Probleme mit, im Gegenteil. Für Wilsons Verhältnisse klingt der Song enorm melodisch. Sehr schön auch der Klaviereinsatz und die 12-string Akustikgitarre, die eher verhaltene Sologitarre und das Mellotron, das fein aus den hinteren Speakern klingt. Später klingt es jedoch wieder etwas nach Pink Floyd und Porcupine Tree, was der Kontinuität des Songs jedoch überhaupt nicht schadet. Gut, mit "dududu" und "tadada"-Vocals konnte ich noch nie viel anfangen, aber wenn einem kein Text einfällt, muss man das wohl so machen. Leider fällt der Song danach wieder leicht auseinander, Sinnlos-Breaks, bedrohliche Chöre und Krach-Passagen steuern allmählich auf den Höhepunkt zu, der aber nicht kommt, der Song ist stattdessen irgendwie zuende. Trotz einiger Irritationen und nicht immer zu erkennender Struktur ein tolles Stück, das ich mir sicher öfter anhören werde.

The Raven..., das Titelstück. Das kannte ich schon von diesem Vorab-Videoclip, den es hier seltsamerweise nicht zu sehen gibt, stattdessen dreht sich auf dem TV immer noch der halbdurchsichtige "Planet" mit seinen sich überblendenden Grafiken, was allerdings schön gemacht ist und gut zur Musik passt. Der Song plätschert anfangs so dahin und wird dann mit dem Einsatz der Drums etwas lebendiger und verdichtet sich zu einer schönen Ballade, der es jedoch -auch hier wieder- etwas an Melodiösität fehlt. Längst nicht so langweilig, wie ich ihn zusammen mit dem Video in Erinnerung hatte.

Fazit:
Sehr gutes Album, dem nur hier und da vielleicht das gewisse Etwas fehlt. Die Kompositionen an sich scheinen nicht immer stark genug, aber die meist hervorragenden Arrangements reißen es immer wieder raus. Der Surroundsound ist toll, wenngleich es hier nicht allzu viele Überraschungen gibt, was die Verteilung der Instrumente angeht, dafür aber jederzeit transparent und perfekt balanciert. Die beiden hinteren Lautsprecher sind den drei vorderen nahezu gleichberechtigt - so soll es sein.

Ob es jedoch ein Meilenstein in der Geschichte des Progressive Rock ist, vermag ich nicht zu beurteilen. Das neue Doppelalbum von Biffy Clyro ("Opposites") gefällt mir da jederzeit besser, auch wenn der Vergleich sich natürlich eigentlich verbietet, denn die kommen ja aus einer ganz anderen Ecke. Dennoch hätte ich einen etwas höheren "Rock"-Anteil durchaus auch hier begrüßt - etwas mehr Agressivität und Spontaneität, etwas mehr Biss, etwas mehr Struktur, dafür etwas weniger Gefrickel hätten dem Album hier und da gut getan. Aber das ist Jammern auf sehr hohem Niveau. Beste Songs: The Pin Drop und The Watchmaker, schwächster Track: The Holy Drinker.


Nachtrag 17.3.: 
Ich habe inzwischen noch ein paar weitere Durchläufe hinter mir, wobei ich diesmal einige Songs auch einzeln angewählt habe. Mein erster Eindruck scheint sich zu verfestigen, allerdings sieht es so aus, als würde mein Favorit Pin Drop einzeln gespielt etwas verlieren. Auch The Raven... fängt nach häufigerem Hören an, etwas zu nerven, besonders diese ständig wiederholten vier Töne. Als Kontrastpunkt nach Watchmaker kommt das deutlich besser. Ich denke, das ist ein Zeichen, dass die Tracks besser im Gesamtkontext funktionieren als für sich allein genommen. Also doch ein Gesamtkunstwerk...

Donnerstag, 28. März 2013

GENESIS: Three Sides Live (1982 ff.) - Eine Release-Übersicht



Hier ein Versuch, den Dschungel aus unterschiedlichen Releases mit unterschiedlichen Tracklists auf unterschiedlichen Tonträgern zu lichten. Aaaalso:

1982 erschien zunächst nur als Doppel-LP (Vinyl) "Three Sides Live" mit zwei verschiedenen Tracklists:
1. UK-only Pressung mit vier live-Seiten
2. International-(Rest der Welt) Pressungen mit drei live-Seiten
plus fünf Studiotracks auf der vierten Seite, beginnend mit den drei Tracks der UK-only E.P. "3x3". (Was auch der Grund für die vierte Live-Seite der UK-Pressung war, denn ansonsten hätte sich die zeitgleich erschienene E.P. dort kaum verkaufen lassen)
Damit können beide Tracklistings als "original" gelten, da die beiden Versionen zeitgleich erschienen.


"Four" Sides Live, UK-Import-LP
UK-Fatbox aufgeklappt mit Innenbooklet.
Kurze Zeit später wurden einige Importexemplare der UK-Pressung in Deutschland mit einem Aufkleber "Four" und dem kleingeschriebenen Zusatz "Vier Seiten live Limitierte Auflage" versehen, damit sie sich von der regulär erhältlichen deutschen Pressung unterscheiden ließ (siehe Abb. links).

Seitdem hat sich der Titel "Four Sides Live" im deutschen Sprachgebrauch festgesetzt; den gab es trotzdem aber nie offiziell.

Die unterschiedlichen Tracklists fanden sich unverändert auch bei den einige Jahre später erscheinenden CD-Ausgaben - mit Ausnahme der CD-Erstpressung 1984. Diese, von Polygram in Hannover produzierte Version wurde in die ganze Welt mit der internationalen Tracklist exportiert, auch die für Virgin UK bestimmte und mit einem hellblauen Label ("Blue Face") bedruckte Version hatte die Studiotracks am Ende.
Erst nachdem Virgin seine CD-Produktion nach England verlagerte, wurde für den UK-Markt wieder die UK-only-Tracklist verwendet - nun zum ersten Mal auf CD.
Bis 1994 gab es also wie beim Vinyl-Album die Aufteilung in UK und Rest-der-Welt (was die UK-CDs als Import in Deutschland damals unglaublich teuer machte - ich musste damals über 60 DM bezahlen, das entspricht heute 50 Euro!).
Alle CD-Erstausgaben hatten weltweit die Fatbox mit Innenbooklet.


UK-Fatbox Rückseite

Die UK-Version hatte ein geheftetes Innenbooklet mit allen Texten, erstmals waren so auch die Texte der drei Songs des "Abacab"-Albums abgedruckt.
Die Erstausgabe der in UK hergestellten Version erkennt man übrigens am fehlenden Barcode auf der Rückseite.



Einzigartiges Rosa (genesis-discography.org)
Größten Seltenheitswert hat natürlich die allererste CD-Pressung (Virgin/Charisma GECD 2002), made in Germany by Polygram, Hannover, die man an der rosa Rückseite und dem schon erwähnten "Blue Face"-Label erkennt. Diese erschien 1984, allerdings nur auf dem britischen Markt (Abb. rechts und unten).
Dieses Kuriosum resultierte aus dem Umstand, dass das Polygram-Presswerk in Hannover ab August 1982 auch den US- und UK-Markt mit CDs versorgte - die ersten Monate sogar ausschließlich, denn es war das einzige CD-Presswerk auf der ganzen Welt - bis dann Sony im Herbst 1982 ein eigenes in Japan baute. Die ersten Presswerke in UK und USA gab es nicht vor Mitte 1983 und bis 1985 exportierte das deutsche Polygram-Werk noch in alle Welt. Daher ist die CD-Erstpressung von "Three Sides Live" auf dem Virgin-Label zwar eine deutsche Pressung, jedoch nicht die deutsche Erstausgabe, denn die war Vertigo mit dem ebenfalls in Hannover produzierten "Blue Swirl"-Labelaufdruck vorbehalten.
Die CDs sind einfarbig hellblau ("Blue Face").
Das Innenbooklet der deutschen Fatbox bestand nur aus einem einfachen Faltblatt mit dem Foto im Breitformat. Wie man im nächsten Bild sehen kann, war das Foto bei der Virgin-Erstpressung außen, jedoch umlaufend in der Breitversion und wie in der UK-Version mit gelbem Logo. Ab der deutschen Erstausgabe (Vertigo) war das Foto innen ohne das gelbe Logo, außen war dafür das übliche Frontartwork mit dem Schwarzweiß-Logo zu sehen (also ähnlich wie das originale LP-Artwork).
"Blue Swirl"-Label
Beim CD-Aufdruck gibt es in der CD-Erstpressung einen Schreibfehler: "Paperplate". Ein Exemplar wird derzeit bei Ebay für 265 Euro angeboten!

Die deutsche Erstausgabe (Vertigo) hat durchaus ebenfalls Seltenheitswert. Sie ist erkennbar an dem blauen CD-Aufdruck (die Grafik wird "Blue Swirl" genannt, Abb. rechts).

Vertigo - Label ab 2. Auflage
Die späteren deutschen Vertigo-Pressungen haben ebenfalls einen Schreibfehler im Labelaufdruck ("In the eage") und einen roten Aufdruck mit anderem Muster.

US-Erstausgabe mit "Afterflow"
Die US-Erstausgabe der CD (Atlantic) hatte auch einen Schreibfehler, allerdings auf dem rückseitigen Einleger - "Afterflow" (Abb. rechts).

Spätere Ausgaben haben das falsche "F" gegen ein "G" ausgetauscht. Da man das wohl mit Schere und Kleber gemacht hat, sitzt das "G" erkennbar ein wenig zu hoch.
US-Fatbox-Front-Einleger mit riesigem Logo
Eine spätere Neuauflage (Made in Holland, Virgin, UK-Tracklist) verzichtete dann auf die Fatbox, daher wanderte das eigentliche Innenbooklet nach außen. Die Rückseite blieb unverändert (kleines Bild).
Eine Fatbox mit diesem Frontcover gibt es nicht!

Erst mit der 1994er Definitive Edition Remaster-Serie wurde die CD weltweit vereinheitlicht. Das Tracklisting aller CDs folgt seitdem der originalen UK-Ausgabe ohne Studiotracks. Die zusätzlichen drei Livetracks wurden damit erstmals weltweit veröffentlicht.

Die ehemalige International-Version mit den fünf Studiotracks ist seitdem weltweit vergriffen. Da der Originalmix des Songs Me And Virgil nur hier in digitaler Form erschienen ist, ist diese Version inzwischen durchaus gesucht. Zum Glück ist sie wegen der großen Verbreitung nicht allzu selten.


Anhang I: Tracklists
(Anm.: die unterschiedlichen CD-Ausgaben haben jeweils die LP-Seiten 1 und 2, sowie 3 und 4 auf je einer CD zusammengefasst.)

UK-Version bis 1994 (ab 1994: weltweit einheitliche Version):

Seite 1:
Turn It On Again
Dodo
Abacab

Seite 2:
Behind The Lines
Duchess
Me & Sarah Jane
Follow You Follow Me

Seite 3:
Misunderstanding
In The Cage (medley)
Afterglow

Seite 4:
One For The Vine
The Fountain Of Salmacis
It / Watcher Of The Skies


Internationale Version (außer UK, bis 1994, ab 1994 out of print):

Seite 1 - 3 wie UK-Version

Seite 4:
Paperlate (Studio version, von der "3x3"-EP) 
You Might Recall (Studio version, von der "3x3"-EP) 
Me And Virgil (Studio version, von der "3x3"-EP)
Evidence Of Autumn (Studio version, UK-Single B-Seite von Misunderstanding) 
Open Door (Studio version, UK-Single B-Seite von Duchess)


Anhang II: Daten der Live-Aufnahmen (gilt nur für die CDs, der gleichnamige Konzertfilm zeigt zum Teil andere Aufnahmen):
  • Behind the Lines, Duchess, Turn It On Again - Nassau Coliseum, Long Island, 29.11.1981.
  • Dodo, Abacab, Me & Sarah Jane, In The Cage (medley) - NEC Birmingham, 23.12.1981
  • Misunderstanding - Savoy Theatre, New York, 28.11.1981
  • Follow You, Follow Me - Lyceum Ballroom, London, 7.5.1980 (Teile dieses Konzerts wurden für die "Old Grey Whistle Test"-Sendung der BBC verwendet, enthalten auf der "Duke"-SACD/DVD)
  • One For The Vine -Theatre Royal, Drury Lane, London, 5.5.1980
  • Fountain of Salmacis - Unbekannt, 1978. (wurde oft für die Aufnahme vom Knebworth-Festival gehalten, ein direkter Vergleich mit der Radioaufnahme konnte dies jedoch nicht bestätigen. Anlässlich des Remixes 2009 ließ Toningenieur Nick Davis verlauten, dass die Aufnahme von Houston 1978 sei - dies kann aber nicht stimmen, da der Song nur während des ersten Tourneeabschnitts in Europa gespielt wurde)
  • It / Watcher of The Skies - Glasgow Apollo Theatre, 9.7.1976 (weitere Ausschnitte dieses Konzerts finden sich im Film "In Concert", enthalten auf der "A Trick Of The Tail"-SACD/DVD; Cinema Show von Seconds Out ist ebenfalls von dieser Show)

Samstag, 16. Februar 2013

BUTTERFLY BOUCHER - Flutterby (2003)

Eine kürzlich erfolgte Inspektion des iPhones meiner Tochter machte mich auf eine australische Ausnahmekünstlerin aufmerksam, deren Debutalbum ich sofort kaufen musste, weil mich der Song Another White Dash vollkommen geflasht hat:

Die Dame heißt tatsächlich Butterfly Boucher und das Album "Flutterby" - hierzulande nicht leicht zu bekommen, habe es über den Amazon Marketplace bezogen (10 Euro). Bekannt wurde sie als Bassistin in Missy Higgins' Band, sie spielt aber alle möglichen Instrumente und das alles andere als schlecht. Es lohnt sich, die Schnipsel bei Amazon mal anzuhören - das Album ist einfach klasse, über weite Strecken akustisch instrumentiert, aber immer dann elektrisch und kraftvoll, wenn es sein muss. Dazu hat sie mitreißende Backing Vocals, die mir Tränen in die Augen treiben.
Sie hat noch ein paar andere Alben aufgenommen, die aber stilistisch alle etwas anders klingen. Jetzt höre ich erstmal dieses, der Rest kommt vielleicht später.
 

Dienstag, 12. Februar 2013

Technobabble: Vinyl vs. CD (Wahn und Wirklichkeit) II

Hier ein Artikel aus der Frankfurter Rundschau, der beispielhaft ist für das gefährliche Halb- oder Nichtwissen von Journalisten zu diesem Thema: Schallplatten halten fast ewig - auf die Pflege kommt es an.
Eine Schallplatte lebt mit guter Pflege deutlich länger als viele digitale Audiomedien. «Im Grunde ist die Haltbarkeit unbegrenzt», sagt Rainer Bergmann, Vorsitzender der Analogue Audio Association (AAA), einem Verein zum Erhalt analoger Medien. «Bei CDs haben sie manchmal schon nach zehn Jahren einen unlesbaren Datenträger.»
Was der Kollege vergisst zu erwähnen: Schallplatten halten bei guter Lagerung nur unter einer Bedingung "fast ewig": Naämlich dann, wenn man sie niemals spielt!
Denn jeder Abspielvorgang verursacht Abrieb, d.h. die eingeprägten Wellenformen werden zunehmend verschliffen. Irgendwann kann man das dann auch hören. Am besten sollte man sie nie aus ihrer Hülle nehmen, denn sie laden sich gern schon beim Auspacken statisch auf und ziehen Staubfasern an. Hartgesottene Vinyl-Sammler wissen das und lassen ihre wertvollen Platten am Besten eingeschweißt. "Still sealed" ist nach wie vor das Gütesiegel, mit dem sich beim Verkauf historischer Schallplatten die höchsten Preise erzielen lässt.

Wie lange gepresste CDs bei normaler Behandlung halten, ist immer noch nicht abschließend geklärt. Meine älteste CD, Peter Gabriels "So", gekauft 1986, klingt immer noch exakt so wie am ersten Tag. Neulich habe ich sie für einen Artikel über das "So"-Remaster mit einem Plextor-Laufwerk und der Software ExactAudioCopy ausgelesen: 100% Qualität, d.h. keinerlei Lesefehler. Pflegebedürftigkeit: keine (immer nur am Rand angefasst, immer gleich zurück ins Jewelcase).

Noch mehr gelacht habe ich über diesen Absatz, der die Expertise des genannten Herrn doch mehr als nur ein wenig in Zweifel stellt:
Die beste Methode zur Digitalisierung der analogen Musiksammlung ist ein Plattenspieler mit USB-Anschluss. Software zum Aufzeichnen der Musik liegt solchen Geräten meist bei. Anstatt eines USB-Kabels können Anwender aber auch herkömmliche Klinkenstecker verwenden. Ein sogenannter Digital-Analog-Wandler unterdrückt dabei störendes Brummen.
Das ist grober Unfug und geradezu lächerlich.

Ein Plattenspieler mit integriertem USB-Anschluss ist ohne Zweifel die praktischste, aber auch die allerschlechteste Methode, Vinyl zu digitalisieren, denn es kommen nur da ausschließlich Low-Budget-Komponenten zum Einsatz. Neben dem billigen Laufwerk wäre da vor allem der fest eingebaute Entzerrer-Vorverstärker als wichtiges Glied der Übertragungskette zu nennen (von dem gut klingende Geräte das dreifache eines USB-Plattenspielers allein kosten), und ein A/D-Wandler, von dem in den meisten PC-Billig-Onboard-Soundkarten bessere Varianten verbaut sind.

Und auch bei Benutzung von Klinkensteckern benötigt man einen Analog-Digital-Wandler, keinen "Digital-Analog-Wandler", denn am PC sollen ja Nullen und Einsen ankommen, keine Schallwellen. Und dass ein Wandler jemals störendes Brummen unterdrückt hätte, wäre mir neu - die zeichnen das gnadenlos mit auf, wenn es am Eingang anliegt.



Die nächsten Folgen dieser Serie:
Vinyl vs. CD (Wahn und Wirklichkeit) III
Vinyl vs. CD (Wahn und Wirklichkeit) IV
Vinyl vs. CD (Wahn und Wirklichkeit) V
Vinyl vs. CD (Wahn und Wirklichkeit) VI
Vinyl vs. CD (Wahn und Wirklichkeit) VII
Vinyl vs. CD (Wahn und Wirklichkeit) VIII 

Die frühere Folge:
Vinyl vs. CD (Wahn und Wirklichkeit) I

Sonntag, 20. Januar 2013

XAO SEFFCHEQUE UND DER REST: Ja - Nein - Vielleicht (1981)

Es ist im Nachhinein wirklich erstaunlich, welche Möglichkeiten sich ambitionierten Musikern Ende der 1970er/Anfang der 1980er boten. Es fanden sich tatsächlich Labels, die offen waren für wirklich neue Formen von Musik und nie wieder gab es wohl in Deutschland einen derart hohen kreativen Output. Es gab sogar vereinzelt Hits, die die etablierte Musikindustrie veranlasste, alles unter Vertrag zu nehmen, das nicht bei drei auf den Bäumen war. Unter dem Label "Neue Deutsche Welle" begann dann schnell der Ausverkauf und alles war vorbei.

Xao Seffcheque gehörte zur Düsseldorfer Punk-Szene um Bands wie Mittagspause, Fehlfarben, Der KFC, Die Toten Hosen etc. und war auch als Journalist bei diversen Musikzeitschriften tätig. Weil ich vor Jahren für das Düsseldorfer "Rondo"-Label einige Songs aus deren Repertoire für einen Label-Sampler remastert hatte, darunter auch einen Song von Xaos erstem Soloalbum "Deutschland nicht über alles", bekam ich Anfang des Jahres eine Mail mit der Anfrage, sein erstes "echtes" Soloalbum "JA - NEIN - VIELLEICHT" für die CD-Erstveröffentlichung zu remastern.

Daher habe ich in den letzten Tagen kaum etwas anderes gehört und muss feststellen, dass diese Musik einfach klasse ist. Die 32 Jahre sind nahezu spurlos daran vorbeigegangen, und es ist erstaunlich, wie frisch alles klingt. Das ist hier bei weitem kein Punk, auch wenn die Herkunft sich in der Grundhaltung niederschlägt, sondern eine ziemlich groovige, locker aber professionell eingespielte Mischung aus Funk, Jazz, Ska, Industrial, Rock und ja: Prog. Eine Assoziation bei mir war spontan Van der Graaf Generator. Aber auch Techno-artige, repetitive Strukturen wurden hier bereits vorweggenommen. Das Album erscheint überwiegend instrumental, klingt auch heute noch avantgardistisch und ist ungemein vielschichtig. Nach mehrmaligem Hören fast hypnotisch, einfach stark.

Anspieltipps gibt es nicht viele im Netz, was wohl auch daran liegt, dass es bislang keine CD davon gibt. Bei YouTube findet sich lediglich das allerdings nicht sehr repräsentative Du und ich.

Ich finde es klasse, dass diese Musik nun wiederveröffentlicht werden soll und ich darf verraten, dass es auch vier zum Teil unveröffentlichte Bonustracks geben wird, die 1981 für eine EP geplant waren, die das "Schallmauer"-Label jedoch so kurz nach dem Album nicht veröffentlichen wollte, darunter auch Solaungidohäng und das Lied vom verlorenen Wort, die man sich eine Zeitlang auf der Rondo-Homepage anhören konnte.


Update 13.2.2017: diesen Eintrag hatte ich vor ziemlich genau vier Jahren geschrieben - die CD ist jedoch bis heute nicht veröffentlicht worden. Allerdings wird am 17.2.2017 ein Sampler namens "Ja, nein, vielleicht kommt sehr gut - A Selection of Electronic Beats 1980-82" beim Hamburger Label "Bureau B" erschienen, der fast alle Stücke dieses Albums enthält. Es fehlen das Dizzy Gillespie-Cover Eine Nacht in Tunesien und der Opener Gute Freunde, letzterer ist jedoch in der englischen, bisher unveröffentlichten Version als Good Friends (mit der unnachahmlichen Julie Jigsaw) dabei. Unveröffentlicht sind ebenfalls die Stücke Julie's in Germany und Unfamous last words (das oben erwähnte "Lied vom verlorenen Wort" mit neuem Titel) dazu fünf weitere elektronische Tracks vom eher satirisch-kabarettistischen Vorgänger-Album "Sehr gut kommt sehr gut". Seit einigen Tagen gibt es auch ein offizielles Video dazu:


Donnerstag, 17. Januar 2013

BIFFY CLYRO: Opposites (2013)


Wahrscheinlich das nächste große Ding, wenn sie sich zusammenreißen.
Erst hab ich gedacht, typische Hype-Band, aber einige Songs dieses Albums haben das gewisse Etwas. Die Musik (wie auch immer man sie klassifiziert) ist eine Mischung aus Foo Fighters, Snow Patrol, Porcupine Tree und Fallout Boy.



Ganz nett ist auch die neue Single Black Chandelier (YouTube).

Der erste Eindruck: Viele Songs sind sich recht ähnlich und insgesamt scheint das Album daher deutlich zu lang.

Muss das aber nach mehreren Durchläufen korrigieren: das Album ist klasse!
Nachteil bei einem 20-Track-Album, das auf 2 CDs aufgeteilt ist: es dauert, bis man alle Songs überhaupt zur Kenntnis nimmt. Und Biffy Clyro haben einige Perlen ganz ans Ende gepackt, darunter auch einige sehr schöne ruhige Stücke.

Besonders der Opener Different People gefällt mir ausnehmend gut wegen des starken Kontrastes - ruhiger Anfang (passt gut zum Hipgnosis-mäßigen Cover) und hektisches Ende. Auch der sich abwechselnde 7/8-8/8 -Takt ist toll gemacht. Weitere Anspieltipps: Trumpet Or Tap und The Thaw (beide im 6/8), das anfangs sphärische The Fog, das am Ende unglaublich Krach macht, andere Kracher wie das schon im letzten jahr als Single veröffentlichte Stingin Belle, sehr schön auch Spanish Radio mit seinen spanischen Trompeten und einem 5/4-Takt, Pocket könnte eine weitere Single werden, das etwas bombastische Skylight mit schönen Synthies oder mein derzeitiger Favorit Accident without Emergency.

Bis jetzt schon mal klar das Album des Jahres!

Auf jeden Fall sollte man die 2CD/1DVD-Version bevorzugen. Vor allem, weil Accident without Emergency in dem Single-Album nicht enthalten ist, aber auch die anderen zusätzlichen Songs sind allesamt gut und die Aufteilung in zwei Mal 10 Songs mit Pause zum Wechseln trägt zur Entspannung bei. Die CDs haben eigene (Unter-)Titel: "The Sand at the Core of Our Bones" und "The Land and the End of Our Toes" (beides Zitate aus dem Refrain von Sounds Like Balloons, dem dritten Song). Ursprünglich war geplant, die beiden CDs mit diesen Titeln einzeln rauszubringen. Musikalisch lässt sich nicht wirklich ein Gegensatz ("Opposites") erkennen, beide CDs klingen wie aus einem Guß.
Die DVD ist allerdings verzichtbar. Sie zeigt nur kurze Musikausschnitte und enthält ansonsten viel Gelaber aus dem Studio und Übungsraum von Band und Produzent. Wer gern breitesten Schottischen Akzent hört, wird jedoch seine Freude haben.

Montag, 7. Januar 2013

STRAWBS - Deep Cuts (1975/2006)

Unlängst habe ich die fehlenden Alben meiner frühen Lieblingsband STRAWBS geordert. Das sind vor allem die, die seinerzeit nicht bei A&M erschienen waren. Die beiden Polydor/Oyster-Alben "Deep Cuts" und "Burning For You" von 1976 und 77 sind nun angekommen und nach vielen Jahren hab ich erstere mal wieder hören dürfen.

Nach einer Serie von vier superben Prog-Folkrock-Alben nacheinander - "Grave New World", "Bursting At The Seams" (mit dem Single-Überhit Part Of The Union), "Hero and Heroine" und "Ghosts" (1972-75) - war das ebenfalls noch 1975 eingespielte "Nomadness" leider ein ziemlicher Flop, der die Band um den charismatischen Singer/Songwriter Dave Cousins den Plattenvertrag kostete. Das neue Label muss wohl einen Hit verlangt haben, jedenfalls ist der Opener I Only Want My Love To Grow In You extrem poppig, aber eben auch gut gemacht. Leider fiel in meiner Erinnerung der Rest des Albums immer stark ab - was ich beim Wiederhören der CD jetzt weitgehend revidieren musste. Sicher ist die Scheibe näher am "Classic Rock" als am Folkrock, aber Prog-Anleihen gibt es noch oft genug und Cousins schafft es immer wieder, seine Stimme dramatisch klingen zu lassen, wobei er hier nur selten in das Pathos der Anfangstage verfällt.

Das Album gab es schon mehrfach auf CD, von BGO gab es auch beide Oyster-Alben im Doppelpack - mit dem üblichen, kastrierten Cover. 2006 ist es erstmals remastert auf dem bandeigenen Witchwood-Label erschienen und hat einen guten Bonustrack - das von Gitarrist Dave Lambert geschrieben und gesungene You Won't See The Light, das dem Album gut zu Gesicht gestanden hätte. Lambert hatte auf den Vorgängeralben immer mindestens einen eigenen Song unterbringen können - warum dieser hier gescheitert war, ist kaum nachvollziehbar. Die anderen Songs sind hier meist von Cousins/Cronk geschrieben - damals ein Novum, hatte Cousins bis dahin doch eher allein komponiert. Vielleicht auch eine Vorgabe der Plattenfirma, leider gibt es keinerlei Erklärtext im Booklet - immerhin sind die Texte dabei.

"Burning For You", das Nachfolgealbum, hatte ich insgesamt noch besser in Erinnerung - mal sehen, ob das noch stimmt. An die oben genannten magischen Vier kommt allerdings sowieso keines so schnell ran.