Freitag, 29. Dezember 2017

Meine Top-10-Alben des Jahres 2017

Ohne spezielle Reihenfolge meine diesjährigen Favoriten:

Steven Wilson - To The Bone

Keine Frage - wie erwartet ein weiteres großes Album. Ich wollte immer mal eine ausführliche Rezi schreiben, aber keine Zeit gefunden.

The Beatles - Sgt. Pepper's Lonely Hearts Club Band (50th Anniversary New Remix)
Klingt einfach spektakulär gut, egal was die Puristen sagen. Es ist sensationell, dieses Album endlich in echtem Stereo und 5.1-Remix zu hören, wo es seinerzeit doch nur auf zwei Vierspurmaschinen aufgenommen wurde. Und Giles Martin kann es einfach. Hoffe nur in 2018 kommt das "White Album" in ähnlicher Form dran.

The Cars - Panorama (Expanded Edition)
Einfach ihr zweitbestes Album ever (nach dem Debüt), hier jetzt mit dem großartigen Bonustrack Shooting for you - so geil klangen Linn Drums.

Family*5 - Wir bleiben - Alle Studio-Aufnahmen 1981-1991
(5CD-Box)
Mit dem großartigen Debütalbum "Resistance" und den beiden ebenfalls gelungenen Folgealben, sowie alle Singles etc.

Martin Kolbe & Ralf Illenberger - Essentials
Gelungene Zusammenstellung aller essentiellen Tracks. Die beiden ersten Alben "Waves" und "Colouring the leaves" sind fast komplett; von "Flieger" immerhin die besten sechs enthalten.

Robert Reed - Sanctuary Live (CD+DVD)
Aufgenommen 2016 im Real World Studio vor 75 Zuschauern - ein sehr spezielles Konzert (nicht nur, weil ich dabei war), guter 5.1 Sound auf der DVD.

Xao Seffcheque - Ja, Nein, Vielleicht kommt sehr gut - A Selection of electronic beats 1980-82
Schöner Sampler mit den besten Stücken der beiden lang vergriffenen Alben "Ja Nein Vielleicht" und "Sehr gut kommt sehr gut", plus ein paar unveröffentlichte Sachen aus der Zeit. Ein guter Mix aus Elektronik und Punk.

U2 - Songs of Experience
Besser noch als der Vorgänger, mit einigen wirklich hervorragenden Songs

Marillion - Misplaced Childhood (Deluxe Edition)
So müssen Box-Sets sein - tolle Aufmachung, sauberer Sound und alles drin, was drin sein muss. Superber 5.1-Mix von Steven Wilson.

The Monochrome Set - 1979-1985 Complete Recordings (6CD Box-Set)
Erscheint zwar erst im Februar, aber ich habe mich bereits ausgiebig mit der Box beschäftigen dürfen. Klasse Indie-Band mit einigen ausgefallenen Song-Ideen im stimmigen Post-Punk/New Wave-Sound. Waren damals leider komplett an mir vorbeigegangen.

Montag, 11. Dezember 2017

GENESIS - It's Yourself (Single-B-Seite, 1976)

It's Yourself war den meisten deutschen Genesis-Fans erstmals 1977 als B-Seite der Single Your Own Special Way aufgefallen. Die Erstveröffentlichung geschah jedoch bereits ein Jahr früher auf der B-Seite der hierzulande nicht erschienenen italienischen Ripples-Single. Aufgenommen während der Sessions zum "A Trick Of The Tail"-Album im Herbst des Jahres 1975 hätte es nicht nur nach der Meinung vieler Fans gut zum Rest des Albums gepasst. Tatsächlich hatte Nick Davis, Toningenieur der 2007er Stereo- und 5.1 Surround-Remixe, im offiziellen Genesis-Forum erwähnt, dass während der Remix-Arbeiten kurzzeitig erwogen wurde, It's Yourself wieder in die Album-Trackliste aufzunehmen, quasi als Einleitung zu Los Endos, mit dem es einige Sekunden Audio gemein hat (siehe unten), doch dazu kam es dann doch nicht.

Da It's Yourself schließlich auf der Extra-Disc der besagten Box in einer 6:15 min langen Remix-Version zu finden ist und das Stück bei seiner digitalen Erstveröffentlichung im 3CD-Box-Set "Genesis Archive 2: 1976–1992" (2000) nur in einer kürzeren 5:26 min-Version erschien, ist die 5:44 lange Originalversion der beiden Vinyl-Singles bis heute nicht wiederveröffentlicht worden, weder digital noch analog (hier kann man sie sich jedoch anhören).

Den Grund dafür nannte Davis ebenfalls: Das Vinyl-Ende von It's Yourself besteht aus einer einsamen Keyboard-Solo-Figur, die sich bereits ein paar Takte vor dem Ende des Musikbetts aus diesem herausschält. Zum Schluss ist sie allein zu hören und endet schließlich in den bekannten fünf Tönen des Themas von Mad Man Moon. In den Archiven fand sich jedoch nur ein Stereomaster, bei dem eben dieses Ende leider fehlte. Warum dies so war, darüber konnte nur spekuliert werden. Wahrscheinlich hatte man seinerzeit die Mad Man Moon-Melodie dem bereits fertigen Stereomaster hinzugemischt - was erklären würde, warum diese auch auf den Mehrspur-Mastertapes, die später für die 2007er Remixe verwendet wurden, nicht zu finden war. Dafür fand sich auf letzteren der lang vermisste erste Refrain und die zweite Strophe, die für die Singlefassung seinerzeit herausgeschnitten worden waren (und die eingefleischten Fans nur von einigen Bootlegs mit "Trick"-Outtakes bekannt waren).

Was nun die Gemeinsamkeiten mit Los Endos angeht - beide Songs wurden voneinander getrennt aufgenommen, denn nur die ersten 45 Sekunden von Los Endos sind identisch mit einem Ausschnitt aus der Mitte von It's Yourself. "Identisch" ist hier wörtlich gemeint - diese 45 Sekunden sind nicht einfach nur ähnlich; es handelt sich eindeutig um dieselbe Aufnahme. Diesen Ausschnitt von 2:30 bis 3:15 min (Timing von der Archive #2-Version) hat man als Intro von Los Endos sozusagen zweitverwertet.
Die eigentliche Aufnahme von Los Endos beginnt auf den Multitracks mit dem Einsatz von Drums und Bassgitarre. Erst nach der Stereo-Abmischung hat man den besagten 45-Sekunden-Ausschnitt von It's Yourself als Intro zugemischt (eigentlich waren es sogar 50 Sekunden, denn weitere 5 Sekunden kann man unter Drums und Bass noch hören, bis das eigentliche Thema von Los Endos einsetzt).

Hier hat sich jemand die Mühe gemacht, die beiden Stücke miteinander zu verbinden - vermutlich so, wie Nick Davis es damals geplant hatte. Man kommt nicht umhin, festzustellen, dass das wohl gut funktioniert hätte.

It's Yourself ist ein typisches Kleinod aus den frühen Genesis-Tagen. Es entstammt der Zeit, in der auch Meisterwerke wie "The lamb lies down on Broadway" entstanden und reiht sich nahtlos in die Reihe der höchst kreativ-progressiven Stücke aus dieser Zeit ein. Tatsächlich finden sich erste, rein instrumentale Ansätze dieses Stücks bereits auf den geleakten Übungs-Sessions aus Headley Grange im Sommer/Herbst 1974 - es gibt dort in der Tat eine nicht komplett unähnliche, rein instrumentale Idee, bestehend aus dem 12-string-Arpeggio und einem improvisierten Keyboardsolo darüber. Die zugrunde liegenden Akkorde haben jedoch nicht viel mit dem späteren fertigen Song gemein, daher halte ich es für etwas gewagt, im Tracklisting der Sessions bereits den späteren Titel zu nennen (zumal der anfängliche Arbeitstitel - gemäß den Angaben der diversen "Trick"-Outtake-Bootlegs - ja Beloved Summer war). Man kann sich aber durchaus vorstellen, dass diese Idee ein Jahr später wieder aufgegriffen und fertig ausgearbeitet wurde.
Der Sänger-Wechsel von Gabriel zu Collins gelang damals nahezu spur- und mühelos und war keinesfalls eine stilistische Zäsur für die Band. Diese gab es erst mit dem Ausstieg von Steve Hackett 1977, der auch bei It's Yourself die Fäden mit vielschichtigen Ambient-Gitarren-Sounds im Hintergrund zieht. Schade, dass es am Ende jetzt zweimal nicht für das "Trick"-Album gereicht hat.

Donnerstag, 7. Dezember 2017

STRAWBS - The Ferryman's Curse (2017)

Abb.: Amazon
Zu dieser Band müsste ich eigentlich mal etwas ausführlicheres schreiben, denn immerhin begleiten sie mich schon fast mein ganzes Leben. Habe sie nie ganz aus den Augen verloren und gelegentlich schaue ich, ob es von ihnen wieder etwas neues oder etwas neues altes gibt. In den letzten Jahrzehnten gab es viele Wiederveröffentlichungen und auch einige Sampler mit alten Raritäten, sogar ein 5CD Box-Set "A Taste of Strawbs" mit Demos, Outtakes und alternativen Mixes war 2006 erschienen (und ist inzwischen wieder vergriffen).

Das neue Album - seit acht Jahren das erste mit neuem Material, eingespielt mit der Touring-Band der letzten zwei Jahre, die dem "Deadlines" Line-up-Kern von 1978 entspricht, also mit Dave Cousins, Dave Lambert, Chas Cronk und Tony Fernandez. Dave Bainbridge (von Iona) ist als Keyboarder dabei.

Nach eineinhalb Durchläufen finde ich es noch nicht als der ganz große Wurf, aber sicher mehr als nur anhörbar. Cousins Stimme hat inzwischen doch etwas abgebaut, aber er übertreibt es mit seinem Pathos auch nicht mehr so schamlos - ganz ohne geht es bei Cousins natürlich nicht. So ist der Prog-Opener In the beginning/The nails from the hands of Christ ein ziemlich wirres Stück mit den üblichen bedeutungsschwangeren und religionsaffinen Lyrics (Jesus sieht so aus wie Bruce Springsteen. Aha. OK?).
Ähnlich herausragend ist das fast 11-minütige The Reckoning/The Ferryman's Curse, in beiden Stücken wird so alles aufgefahren, was die großen Strawbs-Doppelnamen-Klassiker wie Down by the sea/The river ausmacht. Schön, dass wenigstens nach dem Mellotron-schwermütigen Titelsong mit Bats & Swallows mal ein Stück mit etwas größerer Leichtigkeit folgt. Dave Lamberts Eigenkomposition The Ten Commandments fällt ein wenig heraus, ist allerdings schwer geklaut von 10ccs The Wall Street Shuffle - und zwar so offensichtlich, dass man sich fragen kann, wieso sie das nicht gemerkt und wenn doch, warum dennoch aufgenommen haben.

Man kann das Album gut durchhören - es gibt keine echten Höhepunkte, aber auch nichts, was wirklich stört, es sei denn, man hätte hier ein nahtloses Anknüpfen an die drei großartigen Alben der Jahre 1973-75 "Bursting at the seams", "Hero and heroine" und "Ghosts" erwartet. Davon sind die Strawbs 2017 natürlich so weit entfernt wie mit jedem anderen Album der letzten 30 Jahre.
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