Montag, 14. September 2015

DAVID GILMOUR - Rattle That Lock (2015)

Erster Durchlauf...

Kurz ein paar Notizen während das neue Gilmour-Album läuft - die allerersten Eindrücke konnte man ja bereits vorab mit den beiden veröffentlichten "Singles" Rattle That Lock und Today gewinnen. Nun also alle 10 Tracks - Gesamtlaufzeit: 51:25 min

5 A.M. - ist ein athmosphärisches Instrumental (den Satz "hätte auch von Pink Floyd sein können" erspare ich mir jetzt und für den Rest dieser Kurzrezi) das sich gut als Opener eignet. Wunderschöne Sologitarre (auch den Satz könnte ich mir sparen).

Rattle That Lock - hatte ich jetzt einige Wochen nicht mehr gehört; scheint erstaunlicherweise in der Zwischenzeit jedoch deutlich besser geworden zu sein. Musste man sich wohl erst etwas dran gewöhnen.

Faces of Stone - Ein paar vereinzelte Pianotöne mit langem Nachhall sorgen für einen leicht melancholischen Anfang, danach erwartet man beinahe ein spärisches Stück mit Synthieflächen, bekommt jedoch eine akustische Gitarre im Dreivierteltakt, die sich zur voll instrumentierten Ballade mit leichten Referenzen an "The Division Bell" entwickelt - die Klarinette (oder was immer das ist) erinnert stark an den Mittelteil von Poles Apart. Ich wollte es zwar nicht nochmal schreiben, aber kann nicht anders: großartiges Gitarrensolo. Nachtrag: Zweitbester Song von allen!

A Boat Lies Waiting - das ist das Stück, bei dem David Crosby und Graham Nash die Backing Vocals beigesteuert haben. Die drei Stimmen klingen ausgezeichnet zusammen, verschmelzen fast zu einer einzigen. Die erste Hälfte des Songs ist jedoch rein instrumental-sphärisch mit hübschen Gitarrentupfern. Leider ist das Stück über den größten Teil ohne Rhythmus und wirkt dadurch etwas langatmig.

Dancing Right In Front Of Me
- Ein weiteres, eher langsames Stück, das jedoch keinesfalls langweilig wird, weil Arrangement und Rhythmus mehrmals überraschend variiert werden. Bei ca. Minute drei sind wir beim "Cool-Jazz" angekommen, aber nur kurz, dann geht es wieder zur Strophe zurück.

In Any Tongue - hier haben wir eine weitere Ballade im typischen Gilmour-Stil. Auch die Drums könnten von Nick Mason sein. Schöne Streicher im Background - guter Gesang. Dass nach dem zweiten Piano-Intermezzo dann das Gitarrensolo kommt, war absolut vorhersehbar. Die Struktur erinnert stark an Comfortably Numb. Nachtrag: Trotz der Berechenbarkeit klar der beste Song des Albums.

Beauty - auch hier wieder ein typisches Pink Floyd-Intro, das gut die Hälfte dieses mit 4:28 min relativ kurzen Instrumentals einnimmt. Im zweiten Teil gibt's dann die typische "Motorcycle-Guitar", die man so auch schon ein paarmal von ihm gehört hat.

The Girl in the Yellow Dress
- "says yes" - witziger Reim, schöne Zeile. Diesen Song kannte man schon von der kurzen YouTube-Live-Performance beim Autorenseminar im Borris House. Hier ist der ganze Song geprägt vom Besenschlagzeug, das einen langsamen Swing im Nachtclub-Format begleitet. Mit allem Drum und Dran, also Saxofonsolo etc. Nicht ganz mein Fall, aber mal was anderes...

Today - ein gepflegter Kirchenchor samt Orgel leitet diesen vergleichsweise schnellen Song ein, den man an dieser Stelle in der Dramaturgie des Albums zu schätzen weiß. Könnte noch etwas mehr abgehen, und etwas weniger Streicher und Sphärenklänge hätten auch nicht geschadet. Erinnert etwas an die "About Face"-Phase mit den etwas sperrigeren Songs.

And then... - hier verliert Gilmour keine Zeit und startet direkt mit seiner Black Strat durch, die eine weitere klassische Instrumental-Ballade einläutet. Schönes Solo (schon wieder) und für den Schluss hat er sich eine akustische Gitarre aufgehoben, die dann in Lagerfeuergeräuschen mit schreiendem Käuzchen untergeht.


Größtes Manko des Albums: alle Songs werden ausgeblendet - das hätte nun wirklich nicht sein müssen! Trotz der überwiegend nicht gerade flott zu nennenden Rhythmen ist dieses Album jedoch weit weniger langweilig als "On an Island", was aber auch nicht schwierig war. Zugemutet wird dem geneigten Hörer hier wenig, es gibt kaum Ecken und Kanten, an denen man sich stoßen könnte, ohne dass man den Eindruck bekäme, das alles schon viel zu oft gehört zu haben. Kein Feuerwerk der Innovation, aber sicher auch kein ausgelutschtes Selbstzitat. Nach dem Durchlauf macht sich ein wenig ein seltsames Gefühl breit, als hätte irgendwas gefehlt, was man erst noch suchen und finden müsste.
Dennoch: Macht Spaß zu hören und wird nicht der letzte Durchlauf bleiben!
Nachtrag: Auch dieses Album "wächst" mit weiteren Durchläufen - erfordert also vielleicht etwas Geduld, was aber durchaus belohnt wird. Die Surroundfassung ist natürlich klanglich spitze und macht besonders dann Spaß, wenn man die Stereofassung schon "gewohnt" ist. Die Extra-Tracks auf der Blu-ray sind eher etwas enttäuschend. Vom "Borris House" bekommt man nur das Interview, leider fehlen die von Gilmour live gespielten Songs und die Barn Jams sind natürlich historisch bedeutsam und schon wegen Rick Wright sehenswert, aber musikalisch nicht gerade die Offenbarung.