Freitag, 5. Dezember 2014

ROBERT PLANT - lullaby and... The Ceaseless Roar (2014)

Abb. Nonesuch/Warner
Ich schicke mal voraus, dass ich kein Led Zeppelin-Fan war oder bin. Es ist nicht so, dass ich diese Band nicht mag, sie hat mich vielmehr nur relativ kalt gelassen. Sicher gibt es eine ganze Reihe herausragender Songs und da, wo Stairway to heaven als bester Song der Rockgeschichte ever abgeschnitten hat, war diese Wahl für mich durchaus nachvollziehbar. Das vierte, namenlose Album befand sich lange als einziges in meiner Sammlung, später kam noch "III" dazu, mit diesem hübschen Artwork mit den Löchern und der drehbaren Scheibe dahinter. Ein Freund hatte mir damals mal "Physical Graffiti" geliehen, auch hier gab es ein nettes durchlöchertes Artwork zum Rumspielen, aber die Musik hatte mich als damals gerade mal 15jährigem doch ziemlich überfordert. Robert Plants Soloalben hatte ich anfangs noch mitverfolgt - klar, denn an den ersten beiden war ein gewisser Phil Collins beteiligt. Ich erinnere mich dann an 29 Palms auf MTV und fand den Song ziemlich gut. Später jedoch verlor sich Robert Plants Spur für mich. Ende Oktober war ich in einem HMV-Laden in einer südenglischen Kleinstadt und musste die Verkäuferin fragen, was denn da für eine eigenartige Musik über die Beschallung zu hören war. Sie meinte, das sei das neue (großartige) Robert Plant-Album. Das machte mich neugierig.

Seit ein paar Tagen läuft es nun fast ununterbrochen auf meinem iPhone und ich finde es mit jedem Durchlauf besser. Der erste Eindruck: eigenartig - trifft es nach wie vor; das Album klingt doch recht ungewöhnlich. Plants Stimme ist stark zurückgenommen, sehr verhalten, man hört ihn nie schreien. Stattdessen sind ein bis zwei ziemlich großartige Gitarren zu hören, im Panorama meist ganz nach links und rechts verteilt, die keine Soli spielen, dafür einige leicht angezerrte Lick-Miniaturen und viele geniale Riffs und meist das Klangbild auf diese Weise dominieren. Einen konventionellen Schlagzeugsound gibt es nirgendwo zu hören; die Drums klingen leicht verzerrt und sehr "noisy"; auf Hi-Hats oder Becken wird die meiste Zeit verzichtet, dafür stammen einige Patterns deutlich hörbar von Drumcomputern. Ein wenig so wie Peter Gabriel das bei seinem dritten Album von 1980 erstmals exerzierte (interessanterweise wurde das Album in Teilen in Gabriels Real World-Studio in Bath aufgenommen). Darüber liegen dann einige akustische/exotische Folkinstrumente wie Banjo, Djembe, Tehardant und Bendirs (was immer das alles sein mag). Darunter pulsiert ein federnder, treibender Bass und einige Synthie/Sequencer-Sprengsel fügen alles zu einem dichtgewebten Klangteppich zusammen, den ich so noch nirgendwo gehört habe.

Das Album beginnt mit dem Traditional Little Maggie und zwei akustischen Instrumenten, eins davon vermutlich ein Banjo. Später kommt etwas Fiddle-artiges hinzu, das eine sehr repetitive Melodie darüberlegt. Rainbow, auch als Single ausgekoppelt, ist gleich danach so etwas wie die Blaupause des Albums. Ein starker, simpler Groove, tolle Vocals und eine geniale Gitarrenlinie treiben eine sehr eingängige Melodie nach vorn. Der Mittelteil erinnert erstmals ein wenig an Led Zeppelin, der Männerchor allerdings auch wieder nicht. Pocketful of Golden beginnt mit einem Didgeridoo über einem nicht variierten Drum-Loop. Plant singt hier wie ein Schlafwandler, dadurch bekommt der Song etwas Hypnotisches. Auch Embrace Another Fall beginnt mit einer Art Traumsequenz, darüber dann ein exotisches Saiteninstrument mit leicht fernöstlichem Einschlag. Gastsängerin Julie Murphy singt irgendetwas walisisches, die Melodie könnte jedoch genauso gut aus Nordafrika stammen. Turn it up ist dann so nah am traditionellen Rock und am Zeppelin, wie das hier nur möglich scheint. Die schweren Blues-Gitarrenriffs stehen ganz weit vorn und man wird so ein wenig an Kashmir erinnert. A Stolen Kiss ist dann das genaue Gegenteil, eine pianodominierte Ballade mit einer schönen Melodie, sehr ruhig und verhalten. Der Albumtitel ist einer Zeile dieses Songs entnommen. Ein Schlaflied ist es dennoch nicht, denn es bleibt bis zum Ende spannend, der tiefe Männerchor ist wieder zu hören und am Ende singt ein feines E-Bow-Solo. Somebody There wäre wohl der nächste Single-Kandidat. Der Refrain ist unglaublich catchy und die Gitarrenlinien wieder so, dass man kaum genug davon bekommen kann. Poor Howard ist wieder traditioneller/akustischer, was überwiegend natürlich am hier dominierenden Banjo liegt. Ich habe in den Credits nachgeschaut - es ist kein Traditional, worauf ich ansonsten gewettet hätte. House of Love beginnt mit einer leisen E-Bow-Gitarre und entwickelt sich gleich zum nächsten Album-Highlight. "Ooo, when I think about it no-oow" singt Plant über einen pulsierenden Groove mit oktavierendem Wechselbass und das ist einfach umwerfend. Up on the Hollow Hill (Understanding Arthur) ist dann ein ziemlich finsteres Werk mit sehr bluesigen Anlagen bevor das Album mit dem kurzen Stück Arbaden (Maggie's Baby) einen würdigen Abschluss findet. "Badimbadimbadimbadim" singt jemand in einer exotischen Sprache, das klingt erstmal lustig - dann variiert Plant das Thema des Openers erneut, bevor sich der Geräuschteppich langsam der Ausblende ergibt.

Ich denke ich werde mich jetzt mal in Plants Back-Katalog einhören, vielleicht gibt es da noch die ein- oder andere Perle zu entdecken...