Freitag, 12. September 2014

SWEET - Sweet Fanny Adams (1974/2005) und mehr...


Bei mir gings mit Co-co los, da war ich gerade mal 10. Der Song lief eine Weile lang im Radio rauf und runter und gefiel mir sehr, vor allem das wiederholte "aha-ha" in den Strophen. Was ich vom Refrain mit seinem "Huutschikackahoh" halten sollte, wusste ich damals noch nicht. Dass es schon die zweite RCA-Single von Sweet war, hatte ich nicht mitbekommen, geschweige denn, dass es davor schon ein paar erfolg- und bedeutungslose Versuche auf anderen Labels gab. Aber ab da war ich Fan und sammelte alles was ich in die Finger bekam. Parallel dazu war natürlich auch der Output ihrer Glamrock-Zeitgenossen T.Rex, Slade, Mud, Suzi Quatro, Alice Cooper, Mott The Hoople, Wizzard etc. hochinteressant, aber richtig Fan war ich nur von The Sweet (wie sie anfangs noch hießen).

Anfangs sammelte ich nur die Singles; was ich nicht direkt beim Erscheinen gekauft hatte, wurde nachbestellt oder unter Freunden getauscht. So kam ich u.a. zu einer Promo von Alexander Graham Bell, erkennbar am weißen Label.
"Sweet Fanny Adams" - das beste Sweet-Album aller Zeiten! (Abb.: Wikipedia)
Die erste RCA-LP "Funny how sweet Co-co can be" hatte ich ausgelassen, weil es praktisch nur ein Sampler aus bereits erschienenen Singles plus ein paar Coverversionen wie Tom-Tom Turnaround war. Interessant war erst das 1974er Album "Sweet Fanny Adams", das gänzlich ohne Single-Tracks daherkam und das, wie auch schon die im Vorjahr erschienenen Singles Blockbuster, Hell Raiser und Ballroom Blitz eine hochwillkommene Abkehr vom Bubblegum-Sound der ersten Jahre und eine Hinwendung zum immer populärer werdenen "Hard-Rock" bedeutete. Für mich damals eine Offenbarung. Erst später habe ich festgestellt, dass einige Riffs und Intros kräftig bei Deep Purple geklaut waren. "Desolation Boulevard" ein Jahr später bedeutete dann schon das Ende der Partnerschaft mit Nicky Chinn und Mike Chapman, die ausnahmslos bis dahin sämtliche Hits geschrieben hatten. Mit Fox on the run, der ersten von Sweet selbst geschriebenen Single, konnte man zunächst an die Chinn/Chapman-Erfolge anknüpfen, aber danach ging es bergab auf der Erfolgsleiter - auch in meiner Sammlung. Action war meine letzte Sweet-Single und das zugehörige Album "Give us a wink" hatte ich dann schon nicht mehr gekauft. Stattdessen hatte ich mich bereits der nächsten Chinn/Chapman-Band, "Smokey" zugewandt, die dann später unter dem Namen "Smokie" ein paar größere Hits hatte.

Abb.: Amazon
Sweet hatte ich lange nicht gehört, bis ich Anfang der 1990er Jahre über einen ausgezeichneten Sampler ("The Collection") des Labels Castle Communications stolperte, der sämtliche Tracks des legendären "Sweet Fanny Adams"-Albums (damals noch nicht auf CD erschienen) plus alle wichtigen Singles ab 1974 beinhaltete, also die Bubblegum-Anfangsphase außen vor ließ. Da hatte ich erstmals realisiert, dass Sweet tatsächlich eine richtig geile Rockband waren!

Natürlich habe ich inzwischen alle Alben der 2005er Remaster-Serie von RCA nachgekauft, die im übrigen alle Non-Album-Singles plus weitere Bonustracks enthalten - "Sweet Fanny Adams" sticht nach wie vor heraus, gehören doch die oben erwähnten drei Singles nun mit mit zum Paket. Das letzte Album mit Brian Connolly als Sänger, "Level Headed" mit dem letzten Hit Love is like oxygen konnte ich mir in einer inzwischen vergiffenen Version von Repertoire besorgen, die die beiden Singles einschließlich der Non-Album-B-Seiten zusätzlich enthält (die Neuausgabe von 2005 hat nur die Singleversion von Oxygen als Bonus). Auch dieses Album ist etwas Besonderes, denn Sweet gehen da zum Teil ganz neue, fast schon progressive Wege. An manchen Stellen könnte man glauben, hier ein Album des Alan Parsons Project zu hören, wüsste man es nicht besser. Leider wurde Connolly danach wegen seiner Suchtprobleme gefeuert und die drei späteren Alben ohne ihn sowie die folgenden Lineup-Inkarnationen haben mich nie interessiert.

Andy Scott, 2006 (Wikipedia)
1992 erschien dann ein neues Studioalbum, davon hatte ich keine Notiz genommen. Ohnehin war von der Hit-Besetzung der 1970er nur noch Gitarrist Andy Scott dabei. Ich hatte vor ein paar Wochen erst angefangen, als Tontechniker für einen Radiosender zu arbeiten und war im Studio mit dem Schnitt eines aktuellen Wortbeitrags beschäftigt, als plötzlich einige Mitarbeiter unserer Jugendwelle aufgeregt hereingestürmt kamen. Sie müssten jetzt dringend einen kurzen "Aufsager" machen, der müsse sofort auf den Sender. Sie hatten einen etwas mitgenommen aussehenden, langhaarigen und ziemlich übergewichtigen älteren Herrn im Schlepptau, den ich zunächst nicht beachtet hatte, bis sie ihn ans Mikro setzten und der dann, nachdem ich den Regler aufgezogen hatte, die folgenden, bedeutsamen Worte sprach: "Hi, this is Andy Scott from Sweet and this is our new single!".
Da wäre ich ja fast tot umgefallen vor Ehrfurcht. Als ich ihnen das Tape in die Hand drückte, kam Andy nach vorn zu mir als Mischpult, gab mir die Hand, bedankte und verabschiedete sich, sehr britisch-höflich. Dann war er mit seiner Entourage so schnell wieder draußen, wie sie gekommen waren. Seitdem kann ich stolz behaupten, eine Recording-Session mit dem legendären Andy Scott gemacht zu haben.

Dienstag, 9. September 2014

ORIGINAL SOUNDTRACK - Can a song save your life?



Abb.: Amazon
Can Keira Knightley sing?
Ein kleiner, feiner Musikfilm von John Carney (einst Regisseur des gefeierten Musikfilms "ONCE"), der die von einigen Bloggern und Reviewern gestellte eigentliche Frage (siehe Überschrift) leider nicht ganz eindeutig mit "JA" beantworten lässt. Der Soundtrack beinhaltet neben den eher zweitklassigen Stücken von Adam Levine (Kastratensänger von Maroon 5, der im Film aber nur eine Nebenrolle als Ex-von-Keira spielt) und einigen anderen, an die man sich auch nach dem Anschauen des Films kaum erinnern kann, auch die fünf Songs, bei denen Keira singt (bzw. haucht) - und das macht sie nicht nur sehr charmant, sondern auch gekonnt, wenn man davon absieht, dass einige ihrer Vocal-Tracks in der Produktion ganz offensichtlich mit einem "Autotune"-Effekt versehen wurden, jedenfalls sind die typischen Artefakte (man vergleiche "Believe" von Cher) an einigen Stellen deutlich zu vernehmen. Möglicherweise war ihre Intonation dann doch etwas zu bescheiden, weshalb hier nachgeholfen wurde. Allerdings sind die von ihr interpretierten Pop-Songs kleine Perlen der Songwriting-Kunst, nicht nur musikalisch, sondern auch textlich; das macht es wieder wett. 
Gut, Zeilen wie "Cupid wants his arrow back" und "Youth is wasted on the young" hat man auch schon woanders gehört, aber hier wird mit Selbstironie und Hintersinn ein Lebensgefühl reflektiert, für das die Greta im Film steht. Fast könnte man vergessen, dass es nur eine Rolle ist, die Keira Knightley ganz hervorragend spielt, so authentisch kommt das 'rüber - obwohl manche Songs bis zu vier Autorennamen auflisten (der Name Knightley ist natürlich nicht darunter).

Den vielleicht besten Song Tell me if you wanna go home gibt es doppelt - er kommt zusätzlich als "Rooftop-Version" mit Hailee Steinfelds krachendem Stratocaster-Solo. Und der Schlüsselsong des Soundtracks, Lost stars, ist sogar gleich dreimal drauf, wobei allerdings (absichtlich) nur die spartanisch instrumentierte Keira-Version zu genießen ist.

Bei mir spielen die sechs Keira-Tracks derzeit jedenfalls in Dauerschleife.


Kleiner Nachtrag zur Irritation mit den Filmtiteln: auch wenn der Film in den USA unter dem Titel "Begin again" lief, ist "Can a song save your life?" keinesfalls eine Idee aus dem unerschöpflichen Kreativfundus deutscher Verleiher -auf diese naheliegende Idee hätte man ja durchaus kommen können- sondern tatsächlich der Originaltitel, unter dem der Film beim Toronto Film Festival im September 2013 Premiere feierte. Warum er in den USA zum Kinostart umbenannt wurde, entzieht sich meiner Kenntnis, zeigt aber, dass es offenbar auch jenseits des Atlantiks kreative Verleiher gibt... ;)